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27.07.2023
In Zeiten steigender Nachfrage nach Rohstoffen für die digitale Transformation ist eine detaillierte Datengrundlage zu Risiken auf den weltweiten Rohstoffmärkten von besonderer Bedeutung. Ende Juli hat die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) dazu nun ihre neue Rohstoffliste 2023 vorgestellt.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Anstrengungen der EU, die Diversifizierung der Rohstoffquellen voranzutreiben, unterstützt die Rohstoffliste 2023 dabei, mögliche Risiken, Diversifizierungsbedarfe, aber auch Stärken der EU zu erkennen. Obgleich einige ermutigende Schlussfolgerungen gezogen werden können, haben laut der DERA-Studie in den vergangenen Jahren die Risiken zugenommen. So wurden bei einer Vielzahl von Rohstoffen, Raffinade- und Handelsprodukten eine erhöhte Länderkonzentration und ein Anstieg risikobehafteter Abhängigkeiten gemessen. Dabei kann vor allem die dominante Rolle Chinas zu Risiken führen. Zwar ist China häufig nicht das wichtigste Bergbauland, ist jedoch bei der Raffinade der Rohstoffe nahezu unumgänglich. Hinzukommt, dass die Produktion von Rohstoffen im Zuge der Coronapandemie in vielen Staaten abgenommen hat – mit gleichbleibenden oder gar steigenden Kapazitäten konnte China währenddessen seinen Anteil an der weltweiten Produktion weiter erhöhen. Besonders anschaulich ist das bei Aluminium nachzuvollziehen: Während die Produktionskapazität in Europa zwischen 2018 und 2023 um mehr als 30 Prozent einbrach, konnte China die eigene Produktion um mehr als 60 Prozent steigern.
Einen „Lichtblick“ gibt es laut DERA beim Recycling. Zwar sei die Datenlage bislang dürftig – noch würden nur wenige Stoffe recycelt. Bei bereits angewandten Recyclingprozessen sei aber eine überdurchschnittliche Beteiligung europäischer Unternehmen erkennbar – wenngleich China weiterhin dominiert.
Die neue Rohstoffliste umfasst Daten von 2018 bis 2020. Für den Zeitraum 2020-2023 sei laut den DERA-Experten allerdings davon auszugehen, dass sich die Lage nicht verbessert hat. Die Auswirkungen der Pandemie und des Angriffskriegs auf die Ukraine haben die Anfälligkeit der Lieferketten offengelegt und steigende Energiekosten haben die Rohstoffproduktion in Europa vor große Herausforderungen gestellt. Auch geopolitische Risiken tragen zu einem erhöhten Risiko bei.
Daher ist die Liste ist ein weiteres klares Signal an die Politik: Lieferketten müssen diversifiziert, Rohstoffprojekte in Europa schneller durchgeführt und eine effiziente Recyclinginfrastruktur aufgebaut werden.
Dafür muss Europa vor allem die eigenen Raffinade- sowie Recyclingkapazitäten massiv ausbauen. Zudem gibt es von einigen Rohstoffen keine natürlichen Vorkommen in Europa. Hier muss die EU sicherstellen, dass die weitere Wertschöpfung innerhalb Europas oder durch befreundete Partner stattfindet. Der Net-Zero-Industry Act, der European Critical Raw Material Act und neue Rohstoffpartnerschaften wie mit Chile oder den USA sind daher von größter Dringlichkeit und müssen schnell und effizient umgesetzt werden.