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29.01.2021
In ihrem Anfang Januar veröffentlichten Global-Economic-Prospects-Report schätzt die Weltbank, dass die globale Wirtschaftsleistung 2020 um 4,3 Prozent geschrumpft ist. Allein in der Großen Depression und als Folge der beiden Weltkriege gab es vergleichbare Rückgänge.
In den Industrieländern dürfte das Sozialprodukt im vergangenen Jahr um 5,4 Prozent gesunken sein. In den Schwellenländern fiel das Minus mit 2,6 Prozent in etwa halb so hoch aus. Dies lag vor allem an China, das als einzige große Volkswirtschaft 2020 Wachstum generieren konnte, und zwar von zwei Prozent. In der Eurozone (-7,4 Prozent) ging die Wirtschaftsleistung doppelt so stark zurück wie in den USA (-3,6 Prozent). In Deutschland und Japan lag die Verringerung des BIP – um jeweils rund fünf Prozent – irgendwo dazwischen. Für dieses Jahr 2021 erwartet die Weltbank eine – wenn auch fragile – Erholung des globalen Outputs um vier Prozent.
Beim (zugegeben eigentlich unmöglichen) Versuch, die globalen Kosten der Corona-Pandemie zu kalkulieren, hilft einem der letztjährige prozentuale Rückgang nur bedingt weiter, weil er sich auf die Wirtschaftsleistung im Jahr vor der Krise bezieht und insoweit unterschlägt, wo man heute eigentlich stehen könnte, wenn es diese Jahrhundertpandemie nie gegeben hätte.
In ihrem von Corona noch unbeeinflussten Ausblick vor einem Jahr ging die Weltbank davon aus, dass die Weltwirtschaft 2020 um zweieinhalb Prozent wachsen würde. Gemessen daran fiel die tatsächliche globale Wertschöpfung im vergangenen Jahr (zu 2010er Preisen und Wechselkursen) um rund fünfeinhalb Billionen Dollar geringer aus. Und was 2021 anbelangt: Sollte die Welt dieses Jahr tatsächlich wieder um vier Prozent wachsen, so läge die Wirtschaftsleistung dann immer noch um knapp fünf Billionen Dollar niedriger als nach der ursprünglichen Projektion. Zusammengenommen ergibt das einen Verlust an Wertschöpfung von Gütern und Dienstleistungen im letzten und in diesem Jahr von mehr als zehn Billionen Dollar.
Da man sich unter einer solchen Zahl gemeinhin erst einmal wenig vorstellen kann; es gibt überhaupt nur zwei Volkswirtschaften auf der Welt, die ein größeres Bruttoinlandsprodukt haben: die USA (21,4 Bio. Dollar 2019) und China (14,4 Bio.). Alle anderen Länder liegen (weit) darunter.
Wie verteilt sich der grob geschätzte 10-Billionen-Dollar-Verlust auf die einzelnen Länder und Regionen? Auf den Euroraum entfallen mehr als 2 Billionen und auf die USA rund 1,7. Obwohl Chinas Wirtschaft so viel größer ist als die Indiens, errechnen sich für den Subkontinent mit fast einer Billion Dollar wesentlich höhere Kosten als für die Volkrepublik (unter 700 Mrd. Dollar). Japan kommt kaum besser weg als China. Brasilien und Mexiko liegen mit jeweils grob 300 Milliarden Dollar in etwa gleich auf.
Der Weltbank-Report lässt durchblicken, dass die wirklichen Kosten der Corona-Pandemie sicherlich noch höher sein dürften. So bleibt der ökonomische Schaden nicht auf 2020 und 2021 beschränkt. Auch 2022 wird der globale Output noch merklich tiefer liegen als einst vor der Krise angenommen. Zudem befürchtet die Weltbank, dass weniger Investitionen, Einschnitte beim Humankapital oder höhere Schulden von Staaten wie Unternehmen das künftige Produktionspotenzial schmälern. Schließlich wäre die Weltwirtschaftsleitung ohne die Pandemie nicht nur höher, sondern auch anders zusammengesetzt gewesen. Statt in die Herstellung von Masken, Tests oder Impfstoffen hätten die produktiven Ressourcen doch in andere Verwendungen fließen können.
Die Kosten der globalen Pandemie sind also gewaltig. Gleiches gilt laut Weltbank für die künftigen Herausforderungen, die sich aus ihr ergeben – im Bereich öffentlicher Gesundheit, in der Geld- und Fiskalpolitik oder in Sachen Strukturreformen.
Dr. Andreas Gontermann