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15.07.2024

Im Einsatz für eine lebendige Demokratie

Der Business Council for Democracy bietet Hilfestellungen gegen Hassrede, gezielte Desinformation und Verschwörungserzählungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an. So kann auch die Wirtschaft einen Beitrag leisten, um die Demokratie zu stärken.

Blick ins Labor

Im Einsatz für eine lebendige Demokratie

Der Business Council for Democracy bietet Hilfestellungen gegen Hassrede, gezielte Desinformation und Verschwörungserzählungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an. So kann auch die Wirtschaft einen Beitrag leisten, um die Demokratie zu stärken.

 

Gilda Sahebi macht sich keine Sorgen, dass ihr als Trainerin in den Schulungsprogrammen zur Demokratie im digitalen Raum langweilig wird. Denn Routine stellt sich auch nach Jahren und Dutzenden von Gruppen nicht ein: „Es gibt immer ein aktuelles Thema, über das die Teilnehmenden sprechen möchten. Und daraus ergeben sich immer ganz neue Diskussionen.“ Als Beispiele nennt sie den Überfall der Hamas auf Israel und den Krieg in der Ukraine. 

Und immer wieder zeigt sich: Die liberale Demokratie steht unter Druck, weil rund um aktuelle politische Themen auch Desinformation verbreitet werden und Verschwörungstheorien entstehen. Viele Unternehmen wollen dem nicht mehr tatenlos zusehen – und wenden sich an den Business Council for Democracy (BC4D), für den Sahebi arbeitet. Die Initiative wurde im Jahr 2020 von der Hertie-Stiftung, der Bosch-Stiftung und dem Institute of Strategic Dialogue (ISD) ins Leben gerufen. Zu ihren Zielen gehört es, Arbeitgebende zusammenzubringen, die sich für eine lebendige Demokratie einsetzen wollen. Sie erhalten im Rahmen von Netzwerktreffen und Austauschformaten mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Forschung und Zivilgesellschaft Praxistipps, die ihnen beim Engagement für die Demokratie helfen.

Ein zentrales Instrument des BC4D ist ein Schulungsprogramm für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. In Gruppen von 20 Personen werden Kompetenzen in der digitalen Kommunikation vermittelt. Das Programm fokussiert sich auf die drei Problemfelder Hassrede, gezielte Desinformation und Verschwörungserzählungen. Die Trainer erklären beispielsweise, was die Arbeitnehmenden tun können, wenn sie Hassattacken ausgesetzt sind, woran sie Verschwörungsmythen und verdächtige Quellen erkennen und was Menschen für digitale Manipulation anfällig macht.

BC4D

Der Business Council for Democracy wurde 2020 ins Leben gerufen und unterstützt Unternehmen bei ihrem Einsatz für die Demokratie.

Gilda Sahebi ist als Trainerin von Anfang an dabei und hat das Curriculum des Schulungsprogramms mitentwickelt. Der Journalistin und Buchautorin ist es ein Anliegen, die „digitale demokratische Kultur“ zu befördern. Während der Schulungen erklärt sie zum Beispiel, wie Social-Media-Plattformen funktionieren, welche Rolle Algorithmen dabei spielen und wie sich Bilder und Videos überprüfen lassen. „Die Teilnehmenden wünschen sich neben der Informationsvermittlung auch viel Raum für Diskussionen und Gruppenarbeit. So sind wir mit der Zeit immer interaktiver geworden“, erklärt Sahebi. Nun wird zum Beispiel auch trainiert, wie Posts, die Verschwörungstheorien oder Beleidigungen enthalten, beantwortet werden können. 

Noch wichtiger als die Wissensvermittlung findet Sahebi den Fokus auf das Verständnis für die Rolle des Menschen als Akteur in digitalen Diskussionen. „Ich glaube sehr an die Macht des Einzelnen, der die Kraft hat, Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen“, sagt sie. „Aber jeder muss selbst entscheiden, welchen Werten er folgt, welche politische Haltung er einnimmt und wie er sich ausdrückt. Darauf wollen wir keinen Einfluss nehmen.“ Vielmehr will sie über die Schulungen und Diskussionen das Bewusstsein für die eigenen Positionen steigern. Dazu gehört auch die Frage, ob man im Grunde recht behalten will oder bereit ist, zu lernen. Rechthaberei berge die Gefahr, sich selbst das Leben zur „emotionalen Hölle“ zu machen. Gelernt habe man schließlich nur dann etwas, wenn man sich eingesteht, dass man nicht recht hatte, meint die gebürtige Iranerin, die im Alter von drei Jahren nach Deutschland kam.

Falsch findet es Sahebi, sich generell zurückzuziehen, wenn Hass die Chats im Internet bestimmt oder Falsch-informationen die Diskussionen im Netz maßgeblich beeinflussen. „Wir dürfen doch nicht zulassen, dass Menschen, die sich demokratischen Grundprinzipien widersetzen, den ganzen Diskurs allein bestimmen. Die Mehrheit der Menschen ist nicht hasserfüllt und orientiert sich viel mehr an Werten wie Liebe und Mitgefühl.“

 

Mehr über den BC4D und das Training im ZVEI lesen Sie auch im Doppelinterview mit Gilda Sahebi und ZVEI-Mitarbeiterin Silke Sichter: "Es geht um Wertschätzung"

 

Text Michael Gneuss | Fotografie Hannes Leitlein

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.2024 am 15. April 2024 erschienen.

 

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