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23.07.2020
Mit zunehmendem Einfluss der Corona-Krise auf den deutsch-britischen Handel wird es immer schwieriger, aus dem statistischen Material den Brexit-Effekt herauszurechnen. Wenn schon Brexit und Corona zusammentreffen, möchte man außerdem meinen, es könnte nicht schlimmer kommen. Weit gefehlt. Zum Jahresende droht auch noch (oder schon wieder) ein „No Deal“, also das Ende der Übergangsphase ohne direkt anschließendes Freihandelsabkommen.
Doch wie hoch ist der Brexit-Effekt bislang auf den Außenhandel des Vereinigten Königreichs mit der EU? Ein guter Gradmesser hierfür sind die Lastwagen-Verladungen im Hafen von Dover, über den mehr als die Hälfte des bilateralen Handels abgewickelt wird.
Im Jahr 2015, also vor dem Brexit-Referendum, nahm die Zahl der Lkw-Verladungen noch um solide 10,3 Prozent zu. Im Jahr des Brexit-Referendums (2016) sah das bereits ganz anders aus: Der Wert fiel um acht Prozentpunkte auf +2,0 Prozent drastisch ab, um im Folgejahr mit +0,4 Prozent dann zu stagnieren. 2018 und 2019 ging es mit jeweils -4,0 Prozent stetig weiter bergab.
Auf das Jahr 2019 lohnt sich denn auch ein genauerer Blick, denn im ersten Quartal hatten die Firmen versucht, vor dem ursprünglichen Austrittsdatum, dem 29. März 2019, noch schnell möglichst viel Ware auf die jeweils andere Seite des Ärmelkanals zu schaffen. Es kam in diesem Zeitraum kurzzeitig zu einem Anstieg der Lastwagen-Verladungen um 5,2 Prozent. Seither gehen die Handelszahlen jedoch immer schneller zurück: 2020 war das Minus im ersten Quartal bereits zweistellig - also noch weitgehend vor dem Einsetzen der Corona-Krise. Dann verliert sich allerdings das durch den Brexit verursachte Handelsdebakel in den Corona-bedingten Minuszahlen.
Inzwischen sind in Dover Massenentlassungen bei Fährbetreibern und die Stilllegung der halben Frachtschiff-Flotte geplant. Dies ist jedoch auch zu einem großen Teil auf den allgemeinen Niedergang der Wirtschaft durch den sogenannten Lockdown zurückzuführen. Die zu erwartende Wiederbelebung danach fällt jedoch für Großbritannien genau auf das Ende der Brexit-Übergangsphase und die Wiedereinführung aller Zollformalitäten. Ein „No Deal“ käme da eindeutig mehr als ungelegen.