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22.02.2023
Das Recht auf Reparatur ist sicherlich nicht der bedeutendste Aspekt des großen Themas Nachhaltigkeit, aber die Politik hat sich daran festgebissen, sie steht unter Druck „zu liefern“. Nach fast zehn Jahren der Diskussion und Vorbereitung wird für Frühjahr 2023 ein konkreter Vorschlag der EU-Kommission hierzu erwartet.
Was also steckt hinter dem „Recht auf Reparatur“? Sehr wahrscheinlich eine Ausweitung der Verbraucherrechte. Die Fristen der gesetzlichen Gewährleistung und Beweislastumkehr, Pflichtgarantien für die Hersteller, die Hierarchie der Mängelbeseitigung – das sind angedachte Stellschrauben. Zudem wird wohl auch eine Kennzeichnung der Reparierbarkeit am Verkaufsort kommen. Frankreich hat es mit einem Repairindex vorgemacht und übt damit Druck auf die EU aus. Immerhin: Damit wäre das Thema harmonisiert und Alleingänge abgewendet.
Aber bei allem Verständnis für die Diskussion: Die Politik ist aufgefordert, sehr sorgfältig vorzugehen und immer im Dialog mit den Stakeholdern zu bleiben. Das Verbraucherverhalten und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lassen sich durch gesetzliche Regulierungen nur bedingt beeinflussen. Fakt ist: Die Kosten (und durchaus auch ein Maß an Bequemlichkeit) sind die größten Hürden für mehr Reparaturen. Nur untergeordnete Rollen spielen etwa fehlende Ersatzteile oder technische Gründe. Das zeigen viele Studien, auch eine Verbraucherumfrage des ZVEI aus dem März 2022. Zudem werden viele Geräte ersetzt, obwohl sie noch gut funktionieren, weil der Wunsch nach einem besser ausgestatteten, effizienteren Neugerät besteht.
Fakt ist auch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher - insbesondere bei preiswerten Geräten - im Gewährleistungs- oder Garantiefall meist lieber ein neues Gerät als eine Reparatur wählen. Längere Fristen werden daher eher zu mehr Ersatz als zu mehr Reparaturen führen. Auch verpflichtende Herstellergarantien zur Haltbarkeit sehen wir sehr kritisch. Kommerzielle Garantien, frei gestaltbar zusätzlich zu den Anforderungen der gesetzlichen Gewährleistung, haben sich als Instrument des Wettbewerbs bewährt und dürfen nicht zum Spielball der Regulierung werden.
Überlegenswert dagegen wäre eine (gut gemachte) Kennzeichnung der Reparierfähigkeit und/oder, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit oder eine Anpassung der Hierarchie in der Mängelbeseitigung im Sinne von „vorrangig Reparatur“.
Fazit: Ja, im Defektfall sollte zunächst eine Reparatur zumindest geprüft werden. Reparieren ist in den allermeisten Fällen nachhaltiger als ein Ersatzkauf. Aber es muss sehr sorgfältig geprüft werden, welche Maßnahmen nur auf dem Papier gut aussehen und welche tatsächlich zum gewünschten Mehr an Reparaturen führen können.