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28.09.2021
Um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen, muss die Sektorenkopplung, d. h. die Verdrängung fossiler Energieträger durch die Nutzung von (grünem) Strom in den Verbrauchssektoren Industrie, Verkehr und Gebäude (Wärme/ Kälte) vollzogen werden. Wasserstoff dient in seiner Funktion als Energieträger und -speicher als „Übersetzer“ erneuerbaren Stroms in alle Sektoren.
Dort, wo aus technischen Gründen eine direkte Nutzung von Strom nicht sinnvoll erscheint, wird Wasserstoff damit eine bedeutende Rolle in der Sektorenkopplung einnehmen. Das Rückgrat der Wasserstoffwirtschaft bildet dabei die Elektroindustrie. Auf den Wertschöpfungsstufen Erzeugung, Speicherung, Transport/ Verteilung und Anwendung/ Nutzung von Wasserstoff leisten die Technologien und Produkte der Elektroindustrie einen entscheidenden Beitrag: Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft wird ohne Netzanschlusspunkte, Stromrichter, die Instrumentierung von Elektrolyseanlagen, Energiemanagementsysteme, Pumpen, Kühlung, Kompressoren, elektrische Speicher oder stationäre Brennstoffzellen nicht gelingen. Zudem führt der Bedarf an erneuerbarem Strom für die Produktion von grünem Wasserstoff zu mehr Investitionen in das gesamte Stromsystem. Und auch bei der Verzahnung von elektrotechnischen und chemischen Vorgängen bedarf es der Expertise der Elektroindustrie. Dies gilt für nationale wie internationale Märkte gleichermaßen.
Herausfordernd bleibt jedoch die betriebswirtschaftliche Betrachtung, d. h. der effiziente und zügige Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft. Durch politische Rahmenbedingungen müssen Märkte – Angebot und Nachfrage – geschaffen und gestützt werden. Dies umfasst voraussichtlich alle Wertschöpfungsstufen. Neben Erzeugung und Verbrauch kommt auch der Verteilung, die Transport und Speicherung beinhaltet, eine zentrale Bedeutung zu. Technisch wie auch regulatorisch sind hier weiter viele Infrastrukturfragen offen.
Feststeht, dass das Energiesystem von morgen, geprägt durch eine fluktuierende und dezentrale Erzeugung erneuerbarer Energien, durch den benötigten Einsatz von Wasserstoff noch einmal komplexer wird. Die Ansprüche an das Angebot-Nachfrage-Management im Gesamtsystem werden steigen, um eine effiziente, sichere und verlässliche Versorgung zu gewährleisten.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen sind technischer Wettbewerb und Innovationen weiterhin entscheidend. Diesen Wettbewerb darf Regulierung nicht unterbinden, sondern muss technologieoffen ausgestaltet werden. Der Wettbewerb wird zudem auf internationalen Märkten stattfinden. Die Regulierung der Wasserstoffwirtschaft sollte daher mindestens europäisch, im Idealfall international vorangetrieben werden und umfasst auch eine entsprechende Qualitätsinfrastruktur inklusive harmonisierter Zertifizierung von grünem Wasserstoff. Deutschland muss sich hier bewusst machen: Um die Chancen einer modernen Wasserstoffwirtschaft für den Industrie- und Exportstandort zu nutzen, muss der Rohstoff „Strom“ deutlich günstiger werden.