Sanktionspakete: Der Beginn
Das erste EU-Sanktionspaket vom 23. Februar 2022 richtete sich noch gegen die 351 Mitglieder der russischen Staatsduma, die für die Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten „Republiken“ Donezk und Luhansk gestimmt hatten. Außerdem wurden Sanktionen gegen weitere 27 Personen und Körperschaften, darunter die Banken VEB.RF, Bank Rossiya und Promzvyazbank erlassen. Betroffen waren auch russische Staatsanleihen. Mittlerweile sind 1386 natürliche und 171 juristische Personen gelistet.
Ebenso wurden Ein- und Ausfuhrverbote sowie Investitionsbeschränkungen für die nicht von der Kiewer Regierung kontrollierten Gebiete der Oblaste Donezk und Luhansk erlassen. Nachträglich wurden diese Sanktionen auf einem Sondergipfel am 24. Februar 2022 für die Bereiche Energie, Finanzen und Transport verschärft. Mittlerweile sind auch die Oblaste Saporischja und Kherson betroffen.
Zunehmende Verschärfungen
Am 27. Februar 2022 wurden die Vermögenswerte von Präsident Wladimir Putin, Außenminister Sergej Lawrow, Regierungschef Michail Mischustin und Vize-Sicherheitsratschef Dmitrij Medwedew in der EU eingefroren. Restriktive Maßnahmen wurden außerdem gegen alle Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates der Russischen Föderation und weitere Mitglieder der russischen Staatsduma erlassen. Darüber hinaus wurden Beschränkungen gegen das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation und den Dienst für Auslandsaufklärung (SWR) beschlossen sowie alle Visaerleichterungen für russische Diplomaten, Staats- und Parlamentsvertreter zurückgenommen.
Hinzu kamen Exportverbote für Dual-Use-Güter, insbesondere für den Verteidigungssektor, Schiffs- und Flugzeugbau. Diese betreffen nicht nur Ausrüstung und Technologie, sondern auch finanzielle Unterstützung. Außerdem gilt seither ein Lieferverbot für Maschinen, Anlagen und Technologien für den Ölsektor sowie die Luft- und Raumfahrt.
Weitere Sanktionspakete
Vom 28. Februar 2022 bis zum 9. März 2022 kamen weitere Sanktionen hinzu, die üblicherweise als „drittes Sanktionspaket“ zusammengefasst werden. Besonders hervorzuheben ist dabei der Teilausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System in Abstimmung mit Großbritannien und den USA sowie das Einfrieren der Vermögenswerte der Zentralbank der Russischen Föderation durch die G-7 Länder, wovon insbesondere die russischen Devisenreserven in Euro, US-Dollar und Yen betroffen sind. Auch das Vermögen zahlreicher „Oligarchen“ wurde eingefroren. Auch die massiven Einschränkungen im Luftverkehr sind Teil des dritten Sanktionspakets.
Außerdem kam es zu einer erheblichen Erweiterung der Sanktionsliste auf 862 Einzelpersonen und 53 Organisationen, wodurch beispielsweise mittlerweile etwa 70 Prozent des russischen Bankenmarkts betroffen ist.
Ebenfalls beschränkt wurde die Ausfuhr von Seenavigations- und Funkkommunikationstechnologie und es wurden Maßnahmen zur Verhinderung der Umgehung von Finanzsanktionen durch Bürger der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz ergriffen. Eine Klarstellung der Finanzbeschränkungen auch auf Kryptowährungen fand statt.
Vom dritten Sanktionspaket war erstmals auch Belarus betroffen, z.B. durch den Entzug von SWIFT-Diensten für die Belagroprombank und die Bank Dabrabyt, ein Transaktionsverbot mit der belarussischen Zentralbank und die Aussetzung des Handels mit belarussischen Aktien an europäischen Handelsplätzen (seit 12. April 2022).
„Kampf den Oligarchen“
Seit 15. März 2022 gilt auch ein Verbot für Transaktionen mit russischen Staatsunternehmen des militärisch-industriellen Sektors sowie ein komplettes EU-Einfuhrverbot für diejenigen Stahlprodukte, die bereits unter anderen Schutzmaßnahmen der EU (z.B. Antidumpingmaßnahmen) stehen. Ein Verbot von Neuinvestitionen im russischen Energiesektor wurde auf Wunsch Frankreichs und Deutschlands etwas aufgeweicht und enthielt Ausnahmen bei zivil genutzter Kernenergie und Projekten zum Transport bestimmter Energieprodukte in die EU.
Beschlossen wurde ein umfangreiches EU-Exportverbot für Luxusgüter aller Art sowie ein Verbot der Erbringung von Rating-Dienstleistungen für russische Unternehmen durch EU-Ratingagenturen; auch ein Rating des russischen Staates ist seither verboten. Die Sanktionsliste wurde um weitere Oligarchen, sonstige Vertreter der Wirtschaftselite und die im Militär- und Verteidigungsbereich tätigen Logistik-Unternehmen ergänzt.
Industriegüterlisten und zunehmende Importbeschränkungen
Seit dem Sanktionspaket 5 sind zahlreiche Industriegüter, insbesondere der Elektroindustrie und des Maschinenbaus, von Handelseinschränkungen betroffen. Diese Bestimmungen wurden in den Sanktionspaketen 9 und 10 nochmals verschärft. Das Sanktionspaket 8 brachte dagegen vor allem Handelseinschränkungen bei Industriegüterimporten aus Russland.
Da die Firmen jedoch spätestens seit dem 5. Sanktionspaket den Handel mit Russland stark zurückgefahren haben, sind die Auswirkungen der weiteren Sanktionspakete nur noch gering. Dennoch muss man auch diese weiterhin beachten. Auch die Bestimmungen der Sanktionspakete 6 bis 10 können erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, da Russland zunehmend versucht, durch Sourcing auf dem Weltmarkt die EU-Sanktionen zu umgehen.
Weitere Informationen:
Fragen und Antworten zu Russland-Sanktionen - Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu Russland
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zu Belarus
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft - Sanktionen
Deutsch-Russische Auslandshandelskammer
Germany Trade & Invest (gtai)