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09.11.2021
Die Elektro- und Digitalindustrie Deutschland fordert eine ambitionierte Klimapolitik, die dem Ziel des Pariser Abkommens – die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu beschränken – gerecht wird. Der ZVEI unterstützt dabei ausdrücklich die Vorreiterrolle Europas und das Leitbild einer klimaneutralen europäischen Gesellschaft spätestens ab dem Jahr 2050.
Um dieses Ziel zu erreichen, sind wesentliche, aufeinander abgestimmte Reformen der Energiepolitik vonnöten. Der europäische Green Deal als Strategie trägt diesem Gedanken Rechnung. Insbesondere das sogenannte ‚Fit for 55‘ Paket enthält wichtige energiepolitische Bausteine, um das europäische Energiesystem in diesem Sinne nachhaltiger zu gestalten.
Eine Bewertung:
Sie machen einen großen Bestandteil der Kosten eines Energieträgers aus und prägen dadurch auch das Energiemarktdesign: Energiesteuern. Klimapolitisch sind sie somit ein Instrument mit starker Lenkungswirkung und müssen neu ausgerichtet werden.
Der Vorschlag der EU, die Energiesteuern anhand des Energiegehaltes und ‚Klimabeitrag‘ der Energieträger auszurichten, geht in die richtige Richtung. Als Rohstoff der Energiewende unterliegt Strom dem niedrigsten Steuersatz. Auf CO2-freien Strom und dessen Folgeprodukte sollte hingegen keine Besteuerung mehr anfallen.
Die Einnahmen aus den Energiesteuern sollten in den Aufbau eines CO2-freien Energiesystems investiert werden.
Entfallen hingegen müssen Vergünstigungen für fossile Kraftstoffe.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist mit eine der wichtigsten Prioritäten für eine klimafreundliche Zukunft. Der Anteil regenerativer Energien an der Endenergie soll in der neuen EU-Richtlinie auf 40 Prozent angehoben werden. Diese ist aus Sicht des ZVEI überfällig.
Im nächsten Schritt gilt es nun, die Integration der erneuerbaren Energie vorzubereiten. Dynamische Stromtarife sollten verpflichtend und flächendeckend eingeführt werden, ebenso wie die Digitalisierung des gesamten Energiesystems vorangetrieben werden muss. Nur so werden die Strom- und Verteilnetze den Anforderungen der volatilen erneuerbaren Energien und den insgesamt ansteigenden Strombedarf gerecht werden.
Der Gegenpart zu einem attraktiven Strompreis ist ein wirkungsvoller CO2-Preis. Der ZVEI unterstützt das Grundprinzip des Emissionshandels, denn es führt zu Innovation und Investition.
Wichtig ist erstens, dass zusätzlich zum schon bestehenden Emissionshandelssystem in den Sektoren Energie und Industrie ein zweites geschaffen wird, das Verkehr und Wärme abdeckt. Aufgrund der sektoralen Unterschiede im Hinblick auf die Kosten der Emissionsreduktion ist es hier vorerst wenig sinnvoll, alles in ein System zu integrieren.
Zweitens sollte perspektivisch eine möglichst internationalen CO2-Preis-Architektur aufgebaut werden.
Generell ist zu betonen, dass die CO2-Bepreisung „nur“ eine von vielen weiteren Maßnahmen sein kann, die zu mehr klimafreundlichen Innovationen und damit zu Klimaschutz führen.
Im Kern ist die Intention, gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa im Hinblick auf die CO2-Bepreisung zu schaffen, sehr positiv. Allerdings ist aus Sicht der Elektro- und Digitalindustrie die Umsetzung sehr komplex und könnte zu ungewollten Konsequenzen führen. Dazu zählen unter anderem handelspolitische Reaktionen, aber auch Auswirkungen auf Wertschöpfungsketten, etwa bei ohnehin schon umstrittenen Produkten wie Stahl. Es dürfen keine Anreize entstehen, nachgelagerte Wertschöpfungsstufen in Drittstaaten zu verlagern, um so eine CO2-Bepreisung von Rohstoffimporten zu umgehen. Auch in Zukunft muss gewährleistet sein, dass die für einen effektiven Klimaschutz notwendigen Produkte aus Europa kommen können.
Energieeffizienz ist eine strategisch wichtige Säule für eine klimaneutrale Zukunft. Der größte Hebel, um mehr Energieeffizienz zu erreichen, ist die Elektrifizierung. Effizienzsteigerungen durch Energieträgerwechsel bzw. durch Elektrifizierung sollten daher europaweit gefördert werden.
Um die Effizienzziele zu erreichen, muss – wie von der EU vorgesehen – die gesamte Wertschöpfungskette einbezogen werden, von der Erzeugung bis zum Verbraucher. Dafür müssen
die Übertragungsverluste von den Netzbetreibern reduziert werden.
Investitionen in die Digitalisierung des gesamten Energiesystems getätigt werden. Nur kann eine effiziente Netzauslastung gewährleistet werden. Dazu zählt auch der Rollout intelligenter Zähler, über alle Energieträger hinweg – Gas, Strom etc.
Einen Maßstab kann die neue EnEff-Richtlinie mit der Einführung eines Smart Grid Indicators setzen. Dadurch wird der Digitalisierungsgrad der Netze transparent sichtbar gemacht und gezielte Investitionen in Netzausbau und Digitalisierung ermöglicht.
Die Energie- und Klimawende sind Teamwork. Das bedeutet, alle müssen in der Lage sein, den Schritt in die klimaneutrale Zukunft mitzugehen. Der Vorschlag, einen sozialen Klimafonds einzurichten, um Investitionen in die Bereiche Energieeffizienz, Gebäuderenovierung und emissionsarme Mobilität für einkommensschwache Haushalte zu fördern, ist daher absolut zu unterstützen.
Gleichzeitig diesen gezielten Maßnahmen ist der effektive Ausgleich für steigende CO2-Preise auch immer die breite Entlastung des Strompreises.
Die nationalstaatliche Subventionierung von Binnenmarktteilnehmern unterliegt richtigerweise dem europäischen Beihilferecht. Dieser Rechtsrahmen sollte verlässlich angepasst werden, um notwendige Förderungen im Sinne klimapolitscher Maßnahmen zu ermöglichen.
Im Hinblick darauf muss aber unbedingt darauf geachtet werden, dass
Beihilfen für effektive Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden.
Beihilfen für den Ausbau erneuerbarer Energien unkompliziert ermöglicht werden
Die Liste Beihilfeberechtigter Sektoren unverändert bleibt
Subventionen für fossile Energieträger abgebaut werden.
Klimaneutralität werden wir nur durch eine konsequente Sektorenkopplung erreicht. Das bedeutet, die Verdrängung fossiler Brennstoffe durch die Nutzung von elektrischem Strom aus erneuerbaren Quellen – wo möglich direkt, in seiner effizientesten Form, oder wo nötig, durch Nutzung seiner Derivate in den Verbrauchssektoren Wärme, Mobilität und Industrie. In Kombination mit Effizienzgewinnen durch Digitalisierung und Automatisierung kann so der Primärenergiebedarf um 40 Prozent gesenkt werden, wie die aktuelle Klimapfadestudie des BDI zeigt. Gleichzeitig kann und muss 90 Prozent des Energiebedarfs einer klimaneutralen, digitalen Industriegesellschaft direkt und indirekt über Strom gedeckt werden.
Wichtig ist jetzt Tempo. Schnelle und mutige Reformen in der Energie und Klimapolitik müssen folgen, um den gesetzlichen Rahmen für die benötigten Investitionen in ein CO2-freies Energiesystem einzulösen.
Auch die einzelnen Mitgliedsstaaten stehen in der Verantwortung, das Erreichen der Klimaziele mit nationalen flankierenden Maßnahmen voranzutreiben. Ein regelmäßiges Monitoring sollte hier greifen, um rechtzeitig gegensteuern zu können.