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08.01.2019
Das vom ZVEI initiierte und von der BMWi-Initiative „EnoB – Energieoptimiertes Bauen“ geförderte Forschungsprojekt „KonLuft – Kontrollierte Natürliche Lüftung“ zeigt vielversprechende Ergebnisse.
Ein erstes Fazit zur Leistungsfähigkeit, Potentialen und zum Betrieb von kontrolliert natürlicher Lüftung (KNL) lautet wie folgt: Die thermischen Komfortbedingungen werden (DIN EN 15251) ebenso wie die hygienischen Raumluftanforderungen (EN 13779) eingehalten. Die Lebenszykluskosten der KNL sind um 25 Prozent geringer als die eines mechanischen Systems mit Wärmerückgewinnung (WRG). Die Primärenergieeinsparung der KNL beträgt rund 50 Prozent gegenüber einem mechanischen System mit WRG. Insgesamt lassen sich deutlich geringere Umwelteinwirkungen von KNL gegenüber einem mechanischen System mit WRG (mit Bilanzgrenze „von der Wiege zur Bahre“) feststellen. Und die Heizwärmeverluste der KNL werden durch Einsparungen beim Ventilatorstrom und Kühlbedarf durchweg überkompensiert.
Natürliche Lüftung von Gebäuden kann zu signifikanten Primärenergieeinsparungen vor allem im Nichtwohnungsbau führen, da vor allem der sommerliche Kühlenergiebedarf deutlich reduziert werden kann und kein Ventilatorstrom für die hygienisch notwendige Belüftung erforderlich ist. Eine kontrollierte Steuerung der Öffnungen in der Gebäudehülle ist vor allem für Nichtwohngebäude essentiell, um Lüften und Kühlen zu können, aber auch um hohe Nutzerzufriedenheit vor allem in Großraumbüros, Shoppingzentren oder ähnlichen Nutzungen zu erreichen, bei denen eine manuelle Steuerung nur schwierig umsetzbar ist.
Bisherige Forschungsarbeiten befassten sich vor allem mit der Untersuchung von erreichbaren Luftwechselraten bei manueller natürlicher Lüftung und der sich ergebenden Raumluftqualität. Dabei wurde gezeigt, dass insbesondere bei Querlüftung hohe Luftwechselraten möglich sind, die jedoch nur selten zu signifikanten Kühlenergieeinsparung führen, da gerade im Nichtwohnungsbau bei manueller Betätigung der Öffnungen die (Regen/ Unwetter/Diebstahl)-Sicherheit nicht ausreichend gegeben ist. In Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Fachkreises Natürliche Lüftung im ZVEI werden in diesem Vorhaben systematisch die Effizienzpotentiale von motorisch gesteuerter natürlicher Lüftung untersucht werden, welche vor allem im Nichtwohnungsbau eingesetzt werden soll und gute Raumluftqualität bei hohem thermischen Komfort ohne Primärenergieeinsatz bieten kann. Systematische Aussagen zu energetischen Einsparungen natürlich belüfteter Gebäude sind jedoch selten, da die Einsparungen nur durch Simulationen identischer Vergleichsgebäude mit Lüftung und Kühlung/Heizung möglich sind.
Eine erste Simulationsstudie der Antragssteller zeigte, dass vor allem in Nichtwohn-Gebäuden mit hohen internen Lasten und geringem Heizwärmebedarf (und damit geringen winterlichen Lüftungswärmeverlusten) Energieeinsparungen zwischen 30 und 60 kWh/m²a für Kühlung und Ventilatorstrom erreicht werden können. Es konnte gezeigt werden, dass eine sehr gute Raumluftqualität bei allen natürlichen Lüftungskonzepten erreicht wird, der thermische Komfort jedoch stark von der Dimensionierung der Öffnungen sowie der gewählten Regelstrategie abhängig ist.
Bei der Projektierung und Auslegung der Belüftung von Gebäuden werden derzeit die Möglichkeiten der kontrollierten natürlichen Lüftung über automatisch gesteuerte Fenster in der Fassade und im Dach nicht hinreichend genutzt. Es fehlen Standards für die Dimensionierung der Öffnungen, Kosten-Nutzen Analysen der motorisch gesteuerten Öffnungen sowie einfach nutzbare Simulationstools zur Erstellung eines belastbaren Nachweises hinsichtlich der Funktionalität der natürlichen Lüftung. Optimierte Regelungsstrategien sind essentiell, um eine sommerliche Unterkühlung der Räume zu vermeiden, hohe Raumluftqualität zu erreichen sowie die winterlichen Lüftungswärmeverluste zu reduzieren.
Architektonisch anspruchsvolle Gebäude wie der Reichstag oder der Neubau der Europäischen Zentralbank verfügen über Systeme zur natürlichen Lüftung. Mit den Ergebnissen der KonLuft-Studie sollte es möglich sein, die Erkenntnisse in die Normung einzuspeisen und damit für breite Anwendungszwecke zu öffnen.
Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und erschien ursprünglich am 25.05.2016.