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02.01.2019
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind hierzulande nach wie vor die häufigste Todesursache. Jeder vierte Mensch stirbt an einer Herzkrankheit. Jährlich werden rund 1,71 Millionen Menschen wegen einer Herzkrankheit in eine Klinik eingeliefert.
Dies ist dem aktuellen Jahresbericht der Deutschen Herzstiftung zu entnehmen. Die meisten im Bericht berücksichtigten Herzkrankheiten sind in 2016 im Vergleich zu 2015 angestiegen – zum Teil deutlich. So gab es beispielsweise bei den Herzklappenkrankheiten ein Plus von 4,2 Prozent, bei den Herzrhythmusstörungen von 2,6 Prozent und bei der Herzinsuffizienz von 2,5 Prozent. Dies ist besonders besorgniserregend, da der Trend in den beiden vergangenen Jahren rückläufig war. Auch sind Herzkrankheiten von regionalen Faktoren oder vom Geschlechterstatus weiterhin abhängig. Zum Beispiel gibt es in Bundesländern mit der geringsten Kardiologendichte eine überdurchschnittlich hohe Infarktsterblichkeit. Dazu zählen Brandenburg mit einer Sterbeziffer von 83 (auf 100 000 Personen), Sachsen-Anhalt mit einer Sterbeziffer von 82, Thüringen mit einer Sterbeziffer von 69 und Mecklenburg-Vorpommern mit einer Sterbeziffer von 68. Auch gibt es auffällig starke Sterblichkeitsunterschiede zwischen Frauen und Männer bei Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen oder Klappenerkrankungen. So starben im vergangenen Jahr 117.518 Frauen gegenüber 103.993 Männern an koronarer Herzkrankheit.
Dennoch: Viele Patienten werden mit ihrer Herzschwäche immer älter.
„Modernste Medizintechnik sowie innovative Diagnose- und Therapieverfahren tragen dazu bei, dass Herzleiden immer früher erkannt und noch wirksamer behandelt werden können. Alle für den Patienten relevanten Informationen und wissenschaftlichen Erkenntnisse werden dabei herangezogen und für seine Behandlung genutzt“, erklärt Christian Erbe, Vorsitzender des Fachverbandes Elektromedizinische Technik im ZVEI. Zukünftig gelte dies auch für die Daten, die durch Medizingeräte zu Hause, aber auch durch Fitness-Tracker, Gesundheits-Apps oder andere mobile Datenquellen gesammelt werden. Laut Erbe führt die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft damit zu einer individualisierten Gesundheitsversorgung, die sich an den Bedürfnissen und Lebensumständen der Menschen orientiert.
Darüber hinaus können digitale Technologien gerade im Notfall einen großen Beitrag leisten. „Die Telemedizin dient als eine Art Frühwarnsystem. Durch die tägliche Vitaldatenmessung kann eine beginnende hydropische Dekompensation, also eine akute Flüssigkeitsüberladung, frühzeitig erkannt werden und eine rechtzeitige Medikationsanpassung erfolgen. Damit werden nicht nur Notfälle vermieden: Für die Patienten bringt diese vorbeugende Betreuung ein großes Maß an zusätzlicher Sicherheit im Alltag und damit eine erheblich höhere Lebensqualität“, so Erbe weiter. Auch dank eines telemedizinischen Coachings lernen die Betroffenen besser mit der Erkrankung umzugehen und sich gesundheitsbewusster zu verhalten.
In der Gesundheitswirtschaft machen Digitalisierung und eine umfassende Vernetzung völlig neue Methoden und Verfahren in der medizinischen Versorgung möglich. „Um sie umsetzen zu können, brauchen wir aber verlässliche Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Leistungen sowie für die Nutzung von Gesundheitsdaten in der Versorgung und der Forschung. Die Politik muss hier endlich ihrer Verantwortung nachkommen. Wir brauchen ein gemeinsames Zielbild für die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft“, fordert der Fachverbandsvorsitzende Christian Erbe abschließend.
Praxisbeispiel digitale Gesundheitswirtschaft: So kann Telemonitoring bei Herzinsuffizienz helfen
Mit Telemonitoring ist es möglich, einen Patienten mit einer chronischen Erkrankung Zuhause zu beobachten. Der Patient muss dann nicht mehr so häufig zu Kontrolluntersuchungen zu seinem Hausarzt. Durch die ständige Beobachtung Zuhause gelingt es auch, kritische Situationen und Notfälle zu reduzieren oder gar zu verhindern, weil eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes sofort bemerkt wird. Die betreuenden Ärzte können so schnell die richtigen Behandlungsmaßnahmen ergreifen. Dabei können auch Experten von anderen Standort hinzugezogen sowie Doppeluntersuchungen vermieden werden.
Rund 1,8 Millionen Menschen leiden in Deutschland unter einer Herzschwäche, der sogennanten Herzinsuffizienz – Tendenz steigend. Doch trotz steigender Fallzahlen gibt es immer weniger Todesfälle. Innovative, digitale Medizintechnik ist dafür eine Hauptursache. Viele Patienten mit Herzinsuffizienz sind Träger eines implantierten Defibrillators (ICD) oder eines Gerätes zur kardialen Resynchronisation (CRT). Diese Geräte übermittelten Informationen wie beispielsweise Veränderungen des Herzrhythmus, zu Schock-Abgaben oder Systemfunktion automatisch per Mobilfunk an eine zentrale Datenstelle.
Durch einfach zu bedienende Messgeräte kann der Patient im Alltag wichtige Daten über seinen Gesundheitszustand selbst erfassen. Zum Beispiel durch ein mobiles EKG-Gerät oder ein Blutdruckmessgerät. Er hat damit im Alltag direkt einen Überblick über seinen Gesundheitszustand. Dabei wird er zum Beispiel durch eine App unterstützt. Parallel werden die Daten an eine Telemonitoring-Stelle weitergeleitet. Von dort aus werden alle notwendigen Maßnahmen koordiniert.
Wenn sich die Messwerte des Patienten plötzlich und gefährlich verändern, wird das in der rund um die Uhr besetzten Telemonitoring-Zentrale sofort bemerkt. Der Patient erhält dann einen Anruf oder wird über eine Videoverbindung kontaktiert. Auf diesem Weg bekommt der Patient Anweisungen wie er sich verhalten soll, und ob die Zentrale einen Notarzt alarmieren muss.
Bei Notfällen kann die Telemonitoring-Zentrale direkt den Rettungsdienst alarmieren. Auf dem Weg zur Wohnung des Patienten kann die Zentrale dem Notarzt dann weitere wichtige Informationen zur aktuellen Medikamenteneinnahme, zu bestehenden Allergien oder zum Gesundheitszustand in den letzten Tagen liefern. Diese Informationen helfen dem Notarzt dabei, vor Ort schneller die richtigen Entscheidungen zur Behandlung des Patienten zu treffen.
Bei Patienten, die als Notfall in die Klinik eingeliefert werden, sind Informationen zur Krankengeschichte des Patienten besonders wichtig. Im Fall von Telemonitoring kann die Zentrale dem Krankenhaus, in dem der Patient behandelt wird, diese Daten liefern. Gleichzeitig können auch die im Rettungswagen getätigten Maßnahmen und Daten elektronisch an die zuständige Klinik in Echtzeit weitergeleitet werden. Um eine hohe Behandlungsqualität durchgängig zu gewährleisten, können weitere Experten an anderen Standorten durch Telekonsultationen in Echtzeit zu Rate gezogen werden. Die Kommunikation erfolgt dabei z. B. in Form einer Videokonferenz.
Haus- und Fachärzte müssen sich über die Befunde und Behandlungsschritte eines Patienten austauschen können. Das kann zum Beispiel über eine elektronische Patientenakte geschehen.
Bei einer Telemonitoring-Lösung sucht der Patient regelmäßig seinen Hausarzt für eine gründliche Untersuchung auf. Der Hausarzt wird von der Telemonitoring-Zentrale mit allen relevanten Daten und Informationen seit dem letzten Besuch versorgt. Weil der Patient täglich selbest Daten erhoben hat, steht dem Hausarzt damit ein viel besseres Bild vom Gesundheitszustand des Patienten zur Verfügung. Er kann dann zusammen mit dem Patienten die für ihn am besten geeignete Therapie festlegen. Dies geht auch über regelmäßige Videosprechstunden.
Ab 2018 kann jeder Versicherte freiwillig seinen Medikationsplan auf der elektronischen Gesundheitskarte speichern lassen. Dieser soll möglichst alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel enthalten, die der Patient einnimmt, sowie die Selbstmedikation. Der Medikationsplan wird zwar vom Hausarzt oder mitbehandelten Ärzten erstellt und aktualisiert, aber Apotheker können den Plan auf Wunsch des Patienten um die in der Apotheke abgegebenen Arzneimittel ergänzen.
Ein persönliches telemedizinisches Coaching regt dazu an, einen aktiveren und gesünderen Lebensstil im Alltag umzusetzen. Dadurch werden die eigene Gesundheit und Lebensqualität positiv beeinflusst und Begleit- bzw. Folgeerkrankungen verhindert. Dabei können auch mobile Anwendungen (Wearables und Apps) helfen, indem sie Daten sammeln, die in die medizinische Behandlung mit einfließen und dadurch die Bereiche der Nachsorge und Prävention stärken können.
Alle den Patienten betreffenden medizinischen Daten können von den jeweiligen Datenquellen auf Abruf oder online zur Verfügung gestellt werden. Alternativ können die Daten auch in einer elektronischen Patientenakte gespeichert und verwaltet werden. So können für die Behandelnden die jeweils benötigten Daten zur Verfügung gestellt werden. Der Patient entscheidet dabei darüber, wer Zugriff auf die Daten haben darf. Bei Notfällen können spezielle Lösungen vereinbart werden.