Bereits vor dem Geltungsbeginn der MDR ist die medizintechnische Industrie mit einer Verzögerung von neuen, innovativen Produkten konfrontiert. Aufgrund der Umstellung auf die Anforderungen der MDR nehmen die Benannten Stellen bereits seit einigen Monaten keine Unterlagen mehr für die Bewertung neuer Produkte der Klassen IIa, IIb und III nach der aktuell noch geltenden EU-Richtlinie über Medizinprodukte (MDD) an. Diese Produkte können deshalb nicht mit einer CE-Kennzeichnung versehen und daher in der EU auch nicht in Verkehr gebracht werden. Gleichzeitig wird für Hersteller eine verlässliche Planung, ab wann sie neue Produkte vor oder nach dem 26. Mai 2020 erstmalig auf den europäischen Markt bringen können, dadurch erschwert, dass noch keine ausreichende Anzahl von Benannten Stellen nach der neuen EU-Verordnung für Medizinprodukte (MDR) verfügbar ist.
Bereits am Markt befindliche Medizinprodukte der Klassen IIa, IIb und III, die über gültige Zertifikate nach der MDD verfügen, können auch nach dem 26. Mai 2020 weiter in Verkehr gebracht werden. Diese Regelung gilt solange die Zertifikate gültig sind, längstens aber bis zum 26. Mai 2024. Allerdings dürfen diese Produkte nicht mehr wesentlich verändert werden. Für diese Produkte gilt damit ein „Innovations-Stopp“. Eine vergleichbare Regelung gilt für Medizinprodukte der Klasse I, die nach der MDR höherklassifiziert werden oder nach der MDR die Mitwirkung einer Benannten Stelle bei der Konformitätsbewertung erfordern.
Für die Hersteller von Medizinprodukten der Klassen IIa, IIb und III bedeutet dass, dass sie erst dann wieder neue Produkte in der EU in Verkehr bringen können, wenn das eigene Unternehmen Zugang zu einer Benannten Stelle nach der MDR hat. Wann dies der Fall ist, ist aus Sicht der einzelnen Unternehmen nicht abzuschätzen. Innovative Medizinprodukte können damit gar nicht oder nur verspätet auf den Markt gebracht werden. Je länger dieser Zustand andauert, desto stärker kann die wirtschaftliche Existenz des einzelnen Unternehmens bedroht sein.