Auch 133 Tage vor Geltungsbeginn der MDR am 26. Mai 2020 ist der Umsetzungsstand nach wie vor unbefriedigend. Die Zahl der Benannten Stellen ist weiterhin nicht ausreichend. Wichtige Umsetzungsakte fehlen. Harmonisierte Normen zur Beschreibung der Anforderungen an die Produkte fehlen weiterhin. Zusätzlich hat die Europäische Kommission angekündigt, dass die Datenbank Eudamed, die für die Umsetzung der MDR von zentraler Bedeutung ist, erst im Mai 2022 in vollem Umfang zur Verfügung stehen wird.
Die Hersteller haben ihre Vorbereitungen fristgerecht abgeschlossen, um die Anforderungen der MDR zu erfüllen. Die Mehrheit der Hersteller wird zum Geltungsbeginn aber keine Möglichkeit haben ihre Produkte mit einer CE-Kennzeichnung nach der MDR zu versehen.
Damit hat die Regelung in Artikel 120 MDR eine unerwartete Bedeutung erlangt. Medizinprodukte, die im Rahmen der bisher geltenden Medizinprodukte-Richtlinie (MDD) in Verkehr gebracht werden, können unter bestimmten Bedingungen auch nach dem 26. Mai 2020 weiter in Verkehr gebracht werden. Mit einem Corrigendum haben Europäische Kommission, Mitgliedstaaten und Europäisches Parlament im Dezember 2019 sichergestellt, dass diese Regelung auch für Produkte der Klasse I gilt, die unter der MDR in eine höhere Klasse eingeordnet werden. Damit ist sichergestellt, dass alle Bestandsprodukte zunächst weiter in Verkehr gebracht werden können.
Es handelt sich hierbei aber tatsächlich nur um eine Notlösung: neu entwickelte, innovative Produkte können die Hersteller erst dann in Verkehr bringen, wenn ausreichend Benannte Stellen zur Verfügung stehen. Wann das der Fall sein wird, ist ungewiss.