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01.08.2024
Das Bundesumweltministerium hat Mitte Juni 2024 den Entwurf für eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) vorgelegt. IKT und Elektrogeräte bilden eines der Aktionsfelder. Der ZVEI hat in dem fast einjährigen Dialogprozess in vielfältiger Weise mitgewirkt.
Von Anfang an stand für den ZVEI die Frage im Mittelpunkt, welchen Mehrwert eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie bieten kann. Schon heute ist die deutsche Elektro- und Digitalindustrie durch vielfältige nationale und europäische Gesetze reguliert, beispielhaft seien Altgeräte-, Verpackungs- und Batteriegesetzgebung oder die Ökodesign-Verordnung genannt. Insofern sollte eine Strategie langfristige Ziele aufzeigen und flankierend wirken. Zusätzliche Regulierung sollte nicht aus ihr erwachsen.
Diesen Ansprüchen wird der Entwurf der NKWS aus Sicht des Verbands teilweise gerecht. Positiv sieht der ZVEI die Forderung, Normung für die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Beispielsweise setzt der Einsatz von Rezyklaten voraus, dass diese bestimmten Mindestkriterien entsprechen. Hier können Normen helfen. Der damit verbundene Vorschlag für einen Stakeholder-Prozess für realistische Ziele beim Rezyklateinsatz kann flankierend wirken. Zudem unterstützt der ZVEI, dass die NKWS sich für eine angemessene Ausgestaltung des Digitalen Produktpasses einsetzt. Der Produktpass kann helfen, relevante Daten entlang der Wertschöpfungsketten zu teilen. Hier fordert der ZVEI, Technologieoffenheit und Interoperabilität zu gewährleisten, um sektorspezifische Lösungen zuzulassen. Die NKWS akzeptiert auch weitgehend, dass alle Aspekte, welche das Design und den Marktzugang von Produkten angehen, auf europäischer Ebene reguliert werden müssen.
Andere Teile der NKWS erfüllen den Verband eher mit Sorge. So sieht die NKWS vor, die Bedeutung von „glaubwürdigen Umweltsiegeln“ deutlich zu steigern und ein Labelvergleichsportal zu etablieren. Hierbei bleibt offen, wie diese beiden nationalen Ziele mit der Green Claims Directive, über die aktuell abgestimmt wird, zusammenspielen. Diese sieht die Einführung EU-weiter Quoten vor. Einen nationalen Alleingang, welcher der Green Claims Directive vorgreift, lehnt der Verband ab. Der Grundsatz des freien Binnenmarkts darf nicht durch einzelstaatliche Maßnahmen eingeschränkt werden. Ähnliches gilt für den in der NKWS enthaltenen Vorschlag, ein nationales Qualitätssiegel für die Kennzeichnung von aufbereiteten Produkten einzuführen. Es existiert bereits eine Vielzahl an Labeln auf dem Markt, ein zusätzliches Label kann Verbraucherinnen und Verbraucher verwirren.
Mit Blick auf Kunststoffe sieht der ZVEI kritisch, dass deren Materialvielfalt begrenzt werden soll. Auch wenn dies im Dialog mit der Industrie und freiwillig erfolgen soll, setzt dies die falschen Signale. Materialien wie Kunststoffe werden nicht zum Selbstzweck entwickelt. Sie sollen unterschiedliche und oft komplexe Funktionen wie Verarbeitbarkeit, Schutz, Sicherheit, Design etc. erfüllen. Die Entwicklung erfolgt meist international. Nationale Alleingänge sind auch hier kontraproduktiv. Normung kann helfen, bestimmte Mindestkriterien an die Rezyklierbarkeit festzulegen. Auch die Forderung nach einem Verzicht auf besonders besorgniserregende Stoffe ist zu pauschal und muss europäisch geregelt werden.
Der ZVEI hat die Positionen in der kürzlich abgeschlossenen Anhörung des Bundesumweltministeriums kommentiert und beim 2. Dialogforum Anfang Juli mit Bundesministerin Steffi Lemke vorgetragen (hier zur Stellungnahme). Die NKWS wird voraussichtlich im Herbst verabschiedet. Konkrete Gesetze werden sich nach dem Verständnis des ZVEI nicht daraus ergeben. In die angekündigte Plattform für Kreislaufwirtschaft, in welcher die konkrete Umsetzung der NKWS vorbereitet wird, wird sich der ZVEI aktiv einbringen. Nicht zuletzt unterstützt der Verband die Idee, neue Aspekte der Kreislaufwirtschaft in Pilotprojekten zu testen.