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30.11.2020
Wie geht die digitale Transformation der Gesundheitsversorgung voran? Welche Herausforderungen stehen bevor? Was sind erste Erfolge im Umgang mit der Digitalisierung und den regulatorischen Anforderungen? Auf der Medica, die 2020 erstmals rein virtuell stattfand, ging das Tech Forum diesen Fragen nach.
In diesem Jahr war es kein real aufgebauter Stand in einer Düsseldorfer Messehalle, auf dem sich Referenten und Zuhörer zum gemeinsamen Medica Tech Forum von Spectaris und ZVEI trafen. Jeder interessierte Zuschauer nahm virtuell vor seinem eigenen Bildschirm Platz, um das Programm rund um digitale Gesundheit, neuartige medizinische Versorgung, Cybersicherheit, Fachkräfte, Infektionsprävention und Patientensicherheit verfolgen zu können. Über vier Tage hinweg, war das Tech Forum im Rahmen der virtual.Medica 2020 jeden Messetag zwei Stunden „auf Sendung“. Wie in den Vorjahren führte Moderatorin Sabine Stamm durch das Programm.
Seit Oktober 2020 sind die ersten „Apps auf Rezept“ verfügbar, d. h. die Kosten dafür werden von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übernommen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat zur Aufnahme geeigneter digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) eigens ein Fast-Track-Verfahren zur Aufnahme konzipiert, an dessen Ende eine Liste mit allen zugelassenen DiGA steht. Auf dem Tech Forum erklärten Dr. Wiebke Löbker und Dr. Wolfgang Lauer vom BfArM noch einmal genau, welche Anforderungen für die Aufnahme erfüllt werden müssen. „DiGA müssen als Medizinprodukte zugelassen und ihre positiven Versorgungseffekte nachgewiesen sein. Außerdem muss die digitale Technologie die Hauptfunktion übernehmen", erklärt Dr. Wolfgang Lauer. Der Zugang zum Erstattungssystem der GKV erfolge insgesamt über eine strukturierte Bewertung anhand transparenter Kriterien: Sicherheit, Interoperabilität, Funktionalität und Datenschutz.
Bisher ist der Zugang zum Erstattungssystem über das Fast-Track-Verfahren nur für DiGA möglich, die der gesetzlichen Definition eines Medizinprodukts niedriger Risikoklasse entsprechen. Der Weg für andere, verbesserte, „nicht-DiGA“ Medizinprodukte oder komplexere digitale Gesundheitslösungen, die keine DiGA sind, führt auch künftig über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Am Rande der virtual.Medica veröffentlichte der ZVEI daher gemeinsam mit dem BVMed, Spectaris und VDGH den aktualisierten Leitfaden „Zugang ins deutsche Erstattungssystem“ für Hersteller Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika, und kritisierten gleichzeitig den, auch nach Inkrafttreten einer neuen G-BA-Verfahrensordnung, weiterhin komplexen Zugang.
Am 26. Mai 2021 beginnt die um ein Jahr verschobene Geltung der Medical Device Regulation (MDR). Das zieht einige Veränderungen nach sich, denn die MDR fordert eine umfassendere Kontrolle der Medizinprodukte nach Inverkehrbringen als die bisherige Medical Devices Directive (MDD). Das bedeutet einen nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Aufwand für die Hersteller, gleichzeitig bietet es aber auch Chancen – etwa, wenn es um die Anwendungssicherheit und Cybersicherheit von Medizinprodukten geht. Die Vorträge zur Produktbeobachtung gemäß der MDR (Berkin Güler) und Cybersicherheit (Dr. Dina Truxius) in der Medizintechnik griffen an diesem Tag gut ineinander. Dr. Dina Truxius vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik betonte denn auch zum Abschluss die Wichtigkeit eines umfassenden Konzepts: „Leben Sie IT-Sicherheit – sie sollte ein Teil der Risikobetrachtung sein. Nur wenn wir wissen, wo Problemstellen sind, können wir auch reagieren und Unterstützung leisten.“
Die Themen des ersten virtuellen Medica Tech Forums haben insgesamt Anklang und starkes Interesse gefunden. Daher fällt das erste Fazit der Veranstalter überwiegend positiv aus. Auch die Messe selbst resümiert: „Trotz einer sehr kurzen Anmeldephase hatten sich insgesamt mehr als 1.500 Aussteller aus 63 Nationen mit ihren Online-Showrooms, einer Vielfalt von gut 18.300 Produktneuheiten sowie Live-Programm in über 100 Web-Sessions der Healthcare-Community präsentiert.“ Rund 45.000 Fachbesucher aus 169 Nationen nutzten die virtuellen Angebote. Das zeigt einen beachtlichen Zuspruch aus dem In- und Ausland und unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit des globalen Austauschs zwischen Herstellern, Kunden und Anwendern. Insbesondere aufgrund des hohen Exportanteils deutscher Medizintechnik ist dies ein positives Signal für die Zeit bis zur Medica im Jahr 2021.