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23.02.2023
Der digitale und der grüne Wandel verlangen nach einer starken europäischen Industrie, die die Transformation Europas hin zu einem klimafreundlichen Kontinent aktiv unterstützt. Gleichzeitig sieht sich die EU-Industrie geopolitischen Spannungen, strategischen Abhängigkeiten und einem wenig innovations- und investitionsfreundlichem Umfeld in Europa gegenüber. Mit dem Green Deal Industrial Plan hat die Europäische Kommission nun einen Vorschlag gemacht, um dieser Situation zu begegnen.
Während sich die EU seit jeher für freien, fairen und WTO-regelbasierten Handel einsetzt, zeigte sich in den vergangenen Jahren vermehrt, dass sich einige globale Akteure nicht mehr an diese Grundsätze gebunden fühlen. So praktiziert China bereits seit langem eine protektionistische Politik. Und auch die USA zeigen vermehrt protektionistische Bestrebungen, etwa zuletzt durch den im August verabschiedeten US Inflation Reduction Act (IRA). Dieser wirkte allerdings als Weckruf und zeigte der EU die Defizite der eigenen Wettbewerbsfähigkeit auf – insbesondere mit Blick auf das Thema Standortfaktoren:
In der Elektro- und Digitalindustrie sind derzeit zwar infolge des IRA in der Breite keine Abwanderungspläne in Richtung USA zu sehen. Dennoch müssen die Standortbedingungen aus ZVEI-Sicht generalüberholt werden. Insbesondere hohe Energiepreise, lange und komplizierte Verfahren, viel Bürokratie und schleppende Entscheidungsfindung auf EU-Ebene wirken sich hier negativ auf die EU als Industriestandort aus und sind eine Belastung für Unternehmen.
Der Vorschlag des Green Deal Industrial Plans (GDIP) der EU-Kommission ist eine umfassende Reaktion auf diese Situation, die aus Sicht der Elektro- und Digitalindustrie grundsätzlich in die richtige Richtung weist. Neue Möglichkeiten nationaler Beihilfen sowie europäischer Förderungen, beschleunigte Verfahren sowie, eine bessere und gezieltere Qualifikation von Arbeitskräften sowie eine proaktive Handelspolitik sollen die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie im globalen Kontext stärken. Profitieren davon sollen vor allem sogenannte grüne Technologien – Solar- und Windenergie, Energiespeicher, Wärmepumpen, Wasserstoff sowie Kohlenstoffspeichertechnologien. Dafür sollen die EU-Institutionen verschiedene Gesetze erarbeiten – ein Net-Zero Industry Act, ein European Critical Raw Materials Act sowie ein Vorschlag für ein neues Strommarktdesign werden für Mitte März erwartet. Der ZVEI unterstützt diese Ansätze und den Fokus auf die vier Säulen Regulierungsumfeld, Finanzierung, Qualifikation und Handel. Am wichtigsten nun ist Tempo: Die entsprechenden Legislativvorhaben müssen schnell ausgearbeitet, Maßnahmen umgesetzt, bürokratische Belastungen abgebaut und klare Regelungen geschaffen werden. Einen durch neue gemeinsame EU-Schulden finanzierten EU-Souveränitätsfonds lehnt der ZVEI hingegen ab. So oder so gilt: Dass der GDIP eine Strategiehülle bleibt, kann sich Europa nicht leisten.