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03.07.2020
Am 3. Juli hat der Bundestag das Patientendaten-Schutz-Gesetz final verabschiedet. Bereits Ende Februar hatte der ZVEI den damaligen Referentenentwurf in einer offiziellen Stellungnahme kommentiert. Es ist starkes Zeichen für den Willen zur Digitalisierung der Gesundheitsversorgung.
Mit dem neuen Gesetz nimmt die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter an Fahrt auf. Denn ein wichtiger Teil davon ist die elektronische Patientenakte (ePA), die ab 2021 von den Krankenkassen für ihre Versicherten angeboten wird. Der Gesetzgeber sieht mit dem Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten vor, digitale Lösungen schnell zum Patienten zu bringen. Dabei sollen die sensiblen Gesundheitsdaten bestmöglich geschützt werden, so Jens Spahn kurz vor Verabschiedung des PDSG. Es gebe nichts Sensibleres für den Einzelnen als die eigenen Gesundheitsdaten. Deswegen seien im Patientendaten-Schutz-Gesetz Datenschutzstandards auf höchstem Niveau festgelegt.
Der ZVEI sieht die Verabschiedung des Gesetzes insgesamt als sehr positiv an. Es sei Startschuss und Meilenstein für eine erfolgreiche digitale Transformation der Gesundheitsversorgung, so Hans-Peter Bursig, ZVEI-Fachverbandsgeschäftsführer Elektromedizinische Technik. Es signalisiere eine deutliche Bereitschaft der Politik, das Thema Digitalisierung und Datennutzung in der deutschen Gesundheitswirtschaft voranzutreiben.
Drei Bereiche sind aus ZVEI-Sicht von besonderem Interesse:
Den Versicherten werden durch das PDSG in Zukunft digitale medizinische Anwendungen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird mit dem Gesetz die Datensouveränität des Versicherten erhöht.
Ein wesentlicher Erfolg ist die Schaffung einer weiterführenden rechtlichen Möglichkeit zur Datenfreigabe (unmittelbare „Datenspende“), was bedeutet, dass „Versicherte die Daten ihrer elektronischen Patientenakte auf der alleinigen Grundlage einer informieren Einwilligung für ein bestimmtes Forschungsvorhaben oder für bestimmte Bereiche der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stellen“ können.
Versicherte bekommen ab 2023 auch die Möglichkeit, ihre Daten ohne Personenbezug aus der ePA der medizinischen Forschung freiwillig pseudonymisiert und verschlüsselt zur Verfügung zu stellen. Dass Daten für die medizinische Forschung freigegeben werden können, ist ein wichtiger Schritt nach vorn und geht über die Überlegungen im Referentenentwurf hinaus, denn im Gesetzentwurf wurde die Vorgabe „wissenschaftlich“ vor Forschungszwecke gestrichten und durch „medizinisch“ ersetzt – damit ist der Kreis derer, die die Daten nutzen können größer geworden.
Durch diese Regelung kann nun wichtige Grundlagenforschung betrieben werden. Nach Meinung des ZVEI übersieht Gesetz dabei jedoch nach wie vor einen weiteren wichtigen Forschungsbereich der Gesundheitswirtschaft: Das freiwillige Teilen der eigenen Gesundheitsdaten ohne Personenbezug zur medizinischen Forschung schließt die Forschung durch die Industrie nicht ein. Eine Nutzung der Daten kann also für die Industrie nach wie vor nur indirekt erfolgen. An den Forderungen für die Implementierung eines eigenständigen Antragsrechts der Industrie gegenüber dem Forschungsdatenzentrum auf die Nutzung der Versorgungsdaten für die Forschung und Entwicklung hält der ZVEI deshalb fest. Denn diese Daten sind gerade auch für die Entwicklung innovativer, sicherer und effektiver medizintechnischer Lösungen in den Unternehmen ein wichtiger Faktor. Es ist daher wichtig, auch der industriellen Gesundheitswirtschaft einen Zugang zu diesen Daten zu ermöglichen, um eine optimale, individualisierte Gesundheitsversorgung zu erreichen – in Deutschland und in Europa.
Eine weitere wichtige Regelung ist, dass die Datennutzung bei einer grundsätzlichen Einwilligung des Versicherten vorerst nicht auf einen bestimmten Zweck innerhalb des Forschungsvorhabens beschränkt ist.
Patienten erhalten zusätzlich die Möglichkeit „im Wege einer ausdrücklichen Einwilligung unmittelbar“ ihre Daten ganz bestimmten Forschungsvorhaben zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen der medizinischen Forschung darf dies nun für ein bestimmtes Projekt oder für Forschungsbereiche insgesamt erteilt werden.
Unangetastet aber bleibt, dass der Versicherte zu jedem Zeitpunkt den Umfang der Datenfreigabe selbst bestimmt. Er kann sich auf einzelne oder mehrere Dokumente beziehen.
Nach der Freigabe durch den Patienten, werden die Gesundheitsdaten im Anschluss pseudonymisiert an das Forschungsdatenzentrum übermittelt. Dort können sie dann als aggregierter oder in begründeten Fällen als pseudonymisierter Datensatz der medizinischen Forschung auf Antrag zur Verfügung gestellt werden.
Sollte die Freigabe der Daten vom Patienten widerrufen werden, werden sie im Forschungsdatenzentrum wieder gelöscht. Daten, die bereits in bestimmten Forschungsvorhaben verwendet werden, sind davon ausgenommen. Sind sie bereits übermittelt worden und werden auch bereits verwendet, dürfen sie weiterhin verarbeitet werden. Für die Forschung ist das eine wichtige Regelegung, denn bereits laufende Forschungsvorhaben müssen nicht abgebrochen werden.
Ein großer Teil der gespeicherten Daten in der ePA hat einen Personenbezug. Der ZVEI hält es für problematisch, dass die Möglichkeit der Freigabe gespeicherten Daten in der ePA nach wie vor nur auf Gesundheitsdaten ohne Personenbezug beschränkt ist. Wahrscheinlich ist, dass damit die Menge der Daten, die für eine Freigabe in Frage kommen, in der Praxis stark eingeschränkt wird. Beziehungsweise stellt sich die Frage, welche Daten für medizinische Forschungsvorhaben noch relevant sind.
Der geregelte und sichere Zugang zu Gesundheitsdaten ist der Schlüssel für die Gesundheitsversorgung der Zukunft und für die Hersteller von Medizinprodukten in Deutschland und die damit verbundene Forschung und Entwicklung immens wichtig – und ist auch als Standortfaktor zu sehen. Daher fordert der ZVEI unverändert ein eigenes Nutzungsrecht aller Beteiligten aus der Gesundheitsforschung für anonymisierte Behandlungsdaten durch ein Forschungsdatenzentrum oder Treuhänder.