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27.08.2024
Gerade in der Medizin wird dem Einsatz von „Künstlicher Intelligenz“ (KI) enormes Potenzial zugerechnet. Das gilt sowohl für die medizinische Versorgung und die Pflege von Patientinnen und Patienten als auch für die Forschung und Entwicklung.
Damit diese Potenziale in Deutschland realisiert werden können, muss noch eine Reihe von politischen Entscheidungen getroffen werden. Denn für die Nutzung von Gesundheitsdaten sind langfristig verlässliche Regelungen notwendig. Im Jahr 2024 hat der Deutsche Bundestag mit dem Digital-Gesetz (DigiG) und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) zwei Gesetze verabschiedet, um die Nutzung von Gesundheitsdaten zu verbessern. Diese Regelungen reichen aber noch nicht aus, um im Deutschland KI in der Medizin bundesweit einzusetzen und neue KI-Anwendungen in Deutschland zu entwickeln.
In der Medizin werden für Patientinnen und Patienten während der medizinischen Behandlung und der Pflege enorm viele Daten erhoben, die Grundlage für Entscheidungen von Ärztinnen und Ärzten und Pflegerinnen und Pflegern sind. Individuelle Unterschiede können bei der Entscheidung für oder gegen bestimmte Maßnahmen eine große Rolle spielen. Zugleich gibt es eine große Zahl von Routinefragen, die sich für eine Automatisierung eignen. Das sind gute Voraussetzungen für den Einsatz von KI.
Erste Anwendungen entlasten medizinisches Personal von Routineaufgaben und werden bereits erfolgreich in der Praxis eingesetzt. KI unterstützt bei der Analyse von Röntgenbildern und bei der Überwachung von Vitalparametern auf der Intensivstation. Damit Ärztinnen und Ärzte und Pflegerinnen und Pfleger sich bei ihrer Arbeit auf KI verlassen können, müssen diese Systeme mit großen Fallzahlen trainiert werden. Weil individuelle Unterschiede große Bedeutung haben können und viele unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen, sind dafür Daten notwendig, die sorgfältig erfasst wurden und der gleichen Struktur folgen. Kleine Unterschiede in den Datensätzen können die KI behindern oder zu falschen Ergebnissen führen.
Die Medizininformatik-Initiative leistet mit Förderung durch das BMBF hier wichtige Grundlagenarbeit. Sie definiert einheitliche Strukturen für die Daten, die zu bestimmten klinischen Fragestellungen erfasst und gespeichert werden. Mit diesen Daten für einzelne Patientinnen und Patienten kann eine KI die Ärztinnen und Ärzte bei ihrer Arbeit zuverlässig unterstützen. Diese Daten sind können auch die Basis sein, um neue KI-Anwendungen zu entwickeln.
Mit dem GDNG wird die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung und Entwicklung grundsätzlich vereinfacht. Die Erlaubnis zur Nutzung der Gesundheitsdaten wird vom Zweck der Forschung abhängig gemacht und nicht mehr vom Nutzer der Daten. Das kann auch die Entwicklung von neuen KI-Anwendungen unterstützen. Auch der Industrie wird zum ersten Mal die Möglichkeit eröffnet, in Deutschland Gesundheitsdaten für Forschung und Entwicklung nutzen zu können. Unter anderem wird der Industrie die Möglichkeit eingeräumt, eigene Anträge zur Nutzung von Daten beim Forschungsdatenzentrum (FDZ) zu stellen. Diese Möglichkeit hatte die Industrie bisher nicht.
Das FDZ soll in Zukunft auch Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) enthalten, die ab dem 1. Januar 2025 für jeden Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung automatisch angelegt wird, wenn die oder der Versicherte dem nicht widerspricht (Opt Out-Lösung). Die Struktur der Daten aus der ePA, die über das FDZ zur Verfügung stehen werden, ergibt sich aus der Struktur der ePA. Den großen Durchbruch für die Forschung und Entwicklung mit Gesundheitsdaten in Deutschland bedeutet das allerdings noch nicht. Die zusammengefassten Daten der ePA sind für die Forschung an vielen medizinischen Fragestellungen und die Entwicklung von KI-Anwendungen nicht geeignet.
Medizin und Industrie brauchen deshalb die Möglichkeit in Deutschland mit umfassenden und gut strukturierten Gesundheitsdaten aus der medizinischen Versorgung zu forschen und zu entwickeln. Dafür muss jetzt eine verlässliche gesetzliche Regelung gefunden werden, wie der Personenbezug aus Gesundheitsdaten entfernt werden kann, damit diese Daten ohne erneute individuelle Einwilligung für die Forschung und Entwicklung genutzt werden können.
Zusätzlich müssen Krankenhäuser und niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gesetzlich mehr Möglichkeiten erhalten, Gesundheitsdaten ohne Personenbezug für Forschung und Entwicklung überhaupt mit der Industrie und anderen Forschungspartnern teilen zu dürfen. Aktuell beschränken viele Gesetze auf Landesebene die Verwendung der Daten auf die unmittelbare medizinische Versorgung und die Dokumentation der Leistungen. Damit ist die Möglichkeit Daten für weitere Zwecke überhaupt zu nutzen gesetzlich ausgeschlossen.
Der ZVEI setzt sich dafür ein, dass diese Fragen in der nächsten Legislaturperiode gelöst werden, damit Deutschland als Forschungsstandort für die industrielle Gesundheitswirtschaft attraktiver wird.