Editorial

Effizienzwende, jetzt!

Europa steht unter Druck: Die jüngsten Wahlen für das EU-Parlament haben die politischen Ränder gestärkt. Geostrategische Krisen nehmen zu, und die wirtschaftliche Entwicklung in Europa, insbesondere in Deutschland mit seinem vergleichsweise hohen Industrieanteil, bleibt erheblich hinter den Erwartungen zurück. In der Konsequenz hat sich der Fokus der öffentlichen Debatte verschoben: Innere und äußere Sicherheit gewinnen an Bedeutung, Verlustängste nehmen zu. Klimaschutz – eines der drängendsten Themen unserer Zeit, – verliert in der gegenwärtigen Aufmerksamkeitsökonomie hingegen an Priorität. Es droht, dass Ökonomie und Ökologie gegeneinander ausgespielt werden. Dabei ist aus unserer Sicht gerade das Gegenteil sinnvoll: Zukunftsweisende Klimapolitik und Wirtschaftspolitik sind kein Widerspruch, sondern untrennbar miteinander verbunden.

Jetzt ist die Zeit zu handeln: Wir brauchen eine Wende hin zu mehr Effizienz in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Das Gute ist: Technologisch haben wir für eine solche „Effizienzwende“ mit der Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung aller Sektoren bereits hochwirksame Hebel. Diese müssen endlich umfassend genutzt werden. Durch den Einsatz von grünem Strom – direkt, als E-Fuels oder Wasserstoff – können wir über die Hälfte unseres Primärenergieverbrauchs einsparen. Digitalisieren und koppeln wir diese Prozesse in Industrie, Gebäuden und Verkehr, sind zusätzlich bis zu 30 Prozent Einsparungen möglich.

Der ZVEI ist überzeugt: Die Zukunft ist elektrisch! Dabei geht es nicht um Ideologie, sondern um Effizienz. Die Elektro- und Digitalindustrie ist ein entscheidender Partner für diese Transformation. Beispiele aus der Industrie zeigen, dass Elektrifizierung, Digitalisierung und Vernetzung von Produktionsstandorten erhebliche Effizienzgewinne und Einsparungen bringen. Unser Know-how und unsere Innovationkraft spiegelt sich in der jährlichen Anmeldung von über 1.800 Patenten allein im Bereich Green Tech wider – mehr als in jeder anderen Branche in Deutschland. Die Entwicklung klimafreundlicher Technologien ist eine Chance für Wertschöpfung und wirtschaftlichen Wohlstand. Internationale Wettbewerber haben das erkannt und handeln entsprechend. Die USA, Japan und China haben ihren Output an Green Tech Patenten zuletzt massiv gesteigert. Wir dürfen uns nicht abhängen lassen und wir dürfen den Markt nicht weiter verunsichern – grüne Innovationen sind kein Nischenphänomen, sondern ein entscheidender Baustein für unsere ökologische und ökonomische Zukunft.

Tiefgreifende Veränderungen brauchen neben Mut und Innovationskraft auch die richtigen Rahmenbedingungen. Deshalb muss sich auch die Politik eine Effizienzwende verordnen. Der politische und regulatorische Rahmen muss national wie europäisch konsistenter und effektiver werden. Der ZVEI erwartet von der nächsten EU-Kommission einen klaren Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit und mehr Tempo in der Umsetzung. Wir fordern stärkere Anreize für mehr Elektrifizierung und Digitalisierung, unter anderem durch günstigere Strompreise und eine Anpassung des regulatorischen Rahmens. Regulierungen müssen gestrafft, auf Kohärenz geprüft und konsequent reduziert werden. Es ist absurd, dass denen, die vorangehen und investieren, Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Das erstickt den Unternehmergeist. Als Richtschnur sollte hier das von der EU-Kommission ausgegebene informelle Ziel dienen, Berichtspflichten um 25 Prozent zu reduzieren. Damit am Ende wieder mehr Raum bleibt für Innovation, für Fortschritt, für Zukunft.

Populistische Debatten bringen uns nicht ans Ziel. Wir müssen unser bestes Blatt, die Effizienz-Karte, stärker spielen. Auf technologischer und administrativer Ebene. Gemeinsam – Politik, Industrie und Gesellschaft – im sachlichen, demokratischen und pluralistischen Diskurs. Lassen Sie uns optimistisch nach vorn blicken und die Effizienzwende jetzt starten.


Ihre
Sarah Bäumchen
 

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