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11.05.2021
Mitte März hat Chinas Nationaler Volkskongress den nächsten Fünf-Jahres-Plan des Landes ratifiziert. Es ist der mittlerweile vierzehnte, und er reicht von 2021 bis 2025.
Zwar erinnert einen die Bezeichnung immer ein wenig an vergangene Sowjet-Zeiten, allerdings dürfte die Bedeutung dieser Pläne kaum zu überschätzen sein, legen sie doch Ziele fest, welche die Funktionäre künftig abzuleisten haben.
Etliche Ziele werden quantifiziert. So sollen etwa die Aufwendungen für Forschung & Entwicklung in den nächsten fünf Jahren jeweils um mindestens sieben Prozent steigen. 65 Prozent der Bevölkerung sollen bis 2025 in Städten leben – Ende 2019 waren es 61 Prozent. Oder der Ausstoß an CO2 pro BIP-Einheit soll zwischen 2021 und 2025 um 18 Prozent gesenkt werden.
Was allerdings auffallend fehlt, ist ein numerisches Ziel für das Wirtschaftswachstum – früher regelmäßig Herzstück der Pläne. Stattdessen wird formuliert, man lege die jährlichen Wachstumsziele nunmehr in Abhängigkeit der jeweiligen Umfeldbedingungen fest. Angesichts von Unsicherheiten, ab wann eine wirklich nachhaltige Erholung von der Pandemie – auch im Rest der Welt – tatsächlich einsetzt, oder wie sich der Systemstreit mit den USA weiterentwickelt, möchte sich China hier womöglich nicht zu sehr binden.
Umso vielsagender sind die Beschreibungen, wie das Wachstum künftig aussehen sollte. Dabei nimmt die so genannte „Strategie der dualen Kreisläufe“ von Staatspräsident Xi eine zentrale Stellung ein. Zum einen will China freilich weiter international Handel treiben und seinen Anteil an den globalen Exporten verteidigen. Bereits heute trägt das Land fast 30 Prozent zur weltweiten Industrieproduktion bei – so viel wie Amerika, Japan und Deutschland zusammen. Zum anderen aber soll vor allem die Binnenwirtschaft bedeutend gestärkt werden. Abhängigkeiten vom Ausland will das Land reduzieren und sich so autarker machen.
Zwar wird das in 2015 formulierte Made-in-China-2025-Programm – mit dem staatliche bzw. staatlich subventionierte Unternehmen eine dominante Stellung bei Schlüsseltechnologien erreichen sollen – in dem jüngsten Plan so explizit nicht mehr genannt, allerdings bleiben seine Elemente bestehen, etwa Investitionen in Elektromobilität oder Robotik. Sieben Grenztechnologien werden als essenziell für die weitergehende Entwicklung sowie nationale Sicherheit der Volksrepublik identifiziert, darunter Halbleiter, künstliche Intelligenz und Quantencomputer.
Kritische Teile der Liefer- und Wertschöpfungskette sollen im Land gehalten werden. Dazu will man die Infrastruktur weiter ausbauen. So ist beispielsweise geplant, das Hochgeschwindigkeitsschienennetz innerhalb der nächsten 15 Jahre auf 70.000 Kilometer zu verdoppeln. Damit wäre es dann fast fünfmal länger als das der zusammengenommenen übrigen Welt. Der außenwirtschaftliche Kreislauf soll im Rahmen der dualen Strategie am Ende nur noch eine unterstützende Rolle für den Binnenkreislauf haben.
Der Fünf-Jahres-Plan sieht auch mögliche Schwierigkeiten – zum Beispiel das Verhältnis der Schulden zum BIP. Es macht inzwischen fast 300 Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Wie man es allerdings reduzieren will, wenn gleichzeitig mehr in Infrastruktur und Hightech investiert werden soll, bleibt offen. Gleiches gilt in Bezug auf Umweltfragen. China gelobt, bis 2060 CO2-neutral zu sein. Aber wie man dahin kommen will? Zwar ist von sauberem Gebrauch von Kohle die Rede, aber nicht davon, ob und wann man daraus aussteigen wird.
Der zentralste Punkt des neuen Plans ist ganz offensichtlich ein Mehr an Autarkie. Diese wird man sich im Zweifel auch etwas – Wirtschaftswachstum – kosten lassen.
Dr. Andreas Gontermann