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16.04.2019

Venezuela

Schätzungen zufolge lag die Inflationsrate in Venezuela 2018 bei etwa 100.000 Prozent. Ganz grob bedeutet eine solche Rate, dass sich die Preise jeden Monat verdoppeln. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) könnte die Inflation in dem Land in diesem Jahr auf zehn Millionen Prozent anschwellen. Für die venezolanische Bevölkerung bringt das allergrößte wirtschaftliche und soziale Härten mit sich.

Schon im antiken Rom gab es Hyperinflationen – unter Kaiser Diokletian (der von 284 bis 305 n. Chr. herrschte). Häufiger wurden sie mit der Einführung von Papiergeld, also Währungen, die von keinem physischen Vermögenswert, etwa Gold, mehr gedeckt sind. Das letzte Jahrhundert brachte hyperinflationäre Phasen nach den beiden Weltkriegen, während des Übergangs ehemaliger Sowjetrepubliken vom Kommunismus zum Kapitalismus oder in etlichen Ländern Afrikas und Lateinamerikas.

Im engeren Sinne sind Hyperinflationen stets ein rein monetäres Phänomen. Sie treten auf, wenn viel zu viel Geld in Umlauf gebracht wird. Die eigentliche Frage aber ist, wie kommt es dazu? Hier ist die Antwort fast immer die gleiche: Ein Zusammenbruch der Regierungsführung macht es mehr oder weniger unmöglich, die fiskalischen Lasten des Staates noch irgendwie zu managen. Immer größere Budgetdefizite untergraben das Vertrauen in die staatliche Einnahmen- und Ausgabenpolitik. (Internationale) Investoren wenden sich ab. Die Währung verliert dramatisch an Wert, was Importe stark verteuert etc. Den gescheiterten Regierungen gelingt es dann nicht, notwendige Reformen einzuleiten, weil sie hierdurch die Rückendeckung derjenigen Interessengruppen im Land verlieren würden, denen sie (noch) ihren Machterhalt verdanken. Stattdessen flüchten sie sich in Seigniorage-Einkünfte, d. h. ins Drucken von Banknoten, deren nomineller Wert höher ist als ihre Druckkosten. Das alles lässt die Inflationsrate immer weiter explodieren.

Lange dachte man, von Hyperinflationen heimgesuchte Volkswirtschaften säßen dauerhaft in der Falle, weil sich die Erwartungen stark steigender Preise immer mehr verfestigen würden. Dem trat der US-amerikanische Ökonom Thomas J. Sargent (Wirtschaftsnobelpreisträger von 2011) mit einem bahnbrechenden Beitrag aus dem Jahr 1981 entgegen. Danach kann es durchaus gelingen, eine Hyperinflation schnell wieder zu beenden. Voraussetzung dafür allerdings ist, einen wirklich glaubwürdigen Politikwechsel zu vollziehen, der das Vertrauen in die fiskalische Solidität wieder herstellt. Bolivien ist so ein Fall. Nach Jahren mit galoppierenden Preissteigerungsraten übernahm 1985 eine neue Regierung. Sie erhöhte die Steuern, kürzte öffentliche Ausgaben, fror die Gehälter von Staatsbediensteten sowie Zinszahlungen auf ausstehende Schulden ein und brachte so den Staatshaushalt wieder ins Lot. Zudem koppelte sie den Wechselkurs der Landeswährung an den Dollar und ließ sich vom IWF helfen. Binnen kürzester Zeit gingen die Preise zurück, statt weiter mit fünfstelliger Rate zu steigen.

Zurück zu Venezuela, wo die deutsche Elektroindustrie 2018 Exporte von gerade einmal elf Millionen Euro abgesetzt hat: Dass auch hier massives Staats- und Regierungsversagen für die aktuelle Hyperinflation verantwortlich zeichnet, steht wohl außer Frage. Das Siechtum zu beenden und die Krise hinter sich zu lassen, erfordert glaubwürdige wirtschaftspolitische Reformen. Je schneller, desto besser.

 

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