Ein besonderer Dreh
Mit Ladesäulen will Wirelane in Zukunft viel Geld verdienen, ohne eine einzige Säule zu verkaufen. Gründer Constantin Schwaab erklärt das Geschäftsmodell.
ampere 4.2022
Report
Die EU will die Fahrgastzahlen auf innereuropäischen Strecken bis 2030 verdoppeln. Die dafür erforderliche Technik wäre vorhanden. Allerdings muss das Tempo steigen, mit dem Schienennetze modernisiert werden. Digitale Zugleitsysteme spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Von Berlin nach Barcelona mit der Bahn an einem Tag? Noch ist das ein Traum, der zwar im Fahrplan steht, oft aber im Chaos endet, weil sich Züge verspäten und Fahrgäste ihren Anschluss verpassen. Dabei sind die Ziele der Europäischen Union ehrgeizig: Bis 2030 will sie den Anteil des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene verdoppeln, bis 2050 sogar verdreifachen. Heute legen Reisende der Europäischen Kommission zufolge sieben Prozent aller Fahrten zwischen den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft mit der Bahn zurück.
Ohne Zweifel ist die Bahn das klimafreundlichste Verkehrsmittel. Zu den in der EU durch den Verkehr verursachten Treibhausgasemissionen trägt sie nur 0,4 Prozent bei, stellt die Kommission fest. Immerhin fahren vier von fünf Zügen in Europa elektrisch. Ein Drittel des von ihnen genutzten Stroms stammt aus erneuerbaren Energien, meldet der europäische Eisenbahn-Branchenverband CER. Wird dieser Anteil ausgebaut, könnten Züge 2050 ohne jeden Kohlendioxidausstoß betrieben werden, erwartet die Internationale Energieagentur. Dieses Potenzial muss die EU heben, wenn sie bis 2050 klimaneutral werden will.
Damit das gelingt, hat die Kommission im Dezember 2021 einen Aktionsplan vorgestellt, mit dem sie den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Schiene massiv ankurbeln will. Dazu will sie unter anderem die Digitalisierung der Bahn vorantreiben, technische Standards und Betriebsvorschriften vereinheitlichen, Bahnhöfe modernisieren und insgesamt eine effizientere Nutzung der Schieneninfrastruktur ermöglichen. Der Plan ergänzt die Verordnung zum Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes aus dem Juli 2021, die vor allem die Genehmigung von Bauvorhaben von Bahngesellschaften in Europa beschleunigen soll.
Quelle: Allianz pro Schiene
Ein schnellerer Ausbau des Schienennetzes ist besonders in Deutschland dringend notwendig. Zum einen ist dieses einer der wichtigsten Knotenpunkte im europäischen Bahnverkehr. „Zum anderen braucht die Bahn hierzulande bis zu 20 Jahre, um große Projekte umzusetzen. Davon entfallen schon mal bis zu drei Viertel der Zeit auf das Planfeststellungsverfahren“, erklärt Volker Kaiser, Geschäftsführer des Fachverbands Fahr- und Freileitungsbau im ZVEI. Zugleich trifft eine sehr hohe Nachfrage auf ein Streckennetz, das nicht mitgewachsen ist und dessen Substanz sich über die vergangenen Jahrzehnte verschlechtert hat, so das Bundesverkehrsministerium.
So hat Deutschland zwischen 2010 und 2020 den Elektrifizierungsgrad seines staatlichen Schienennetzes gerade mal von 59 auf 61 Prozent gesteigert. Das beschränkt dessen Kapazität. Denn E-Lokomotiven können größere Lasten ziehen. Vor Personenzügen erreichen sie höhere Beschleunigungen. „Viel mehr als heute geht über das vorhandene Netz auch deshalb nicht drüber, weil Eisenbahnknoten wie Köln, Frankfurt am Main oder München ihre Auslastungsgrenze erreicht haben“, ergänzt Professor Tjark Siefkes, Leiter des Instituts für Fahrzeugkonzepte beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Die Bundesregierung will dies nun ändern, indem sie ab 2024 besonders intensiv genutzte Strecken im deutschen Schienennetz generalsaniert. Dabei will sie nicht mehr funktionsfähige Technik nicht wie bisher üblich durch vergleichbare Komponenten austauschen, sondern diese modernisieren. Der „Masterplan Schienenverkehr“ sieht zudem vor, bis 2027 neue Streckenkapazitäten zu schaffen und 18 Knotenpunkte auszubauen. „Bahnhöfe sollten dabei so angepasst werden, dass Passagiere in doppelstöckige Waggons auf zwei Ebenen ein- und aussteigen können“, fordert DLR-Experte Siefkes. „Idealerweise führen Personenleitsysteme Fahrgäste dabei zugleich auf einer Seite in den Zug hinein und auf der anderen wieder heraus.“
Leiter des Instituts für Fahrzeugkonzepte, DLR
Genauso wichtig ist die vollständige Digitalisierung der Stellwerktechnik im Rahmen des Programms „Digitale Schiene Deutschland“, ergänzt der Vorsitzende des Fachverbands Elektrobahnen und -fahrzeuge im ZVEI, Frank Schleier. „Wir haben in Deutschland noch tausende Stellwerke, die mit Relais-Technik arbeiten und sogar einige hundert, die manuell bedient werden“, erklärt Schleier. Diese Technik könne durch das Programm bis 2030 zumindest auf den Hauptstrecken durch digitale Stellwerke ersetzt werden.
Wenigstens auf diesen Trassen muss in Deutschland ebenso wie in anderen EU-Staaten bis zum Ende des Jahrzehnts auch das European Rail Traffic Management System (ERTMS) funktionieren, wenn der Personenverkehr auf der Schiene bis dahin wie geplant zunehmen soll. Durch das System sollen Züge künftig über in den Gleisen verlegte Antennen untereinander sowie mit einer Leitzentrale kommunizieren. Dort regelt ein System für den automatisierten Fahrbetrieb Geschwindigkeit und Abstand der Züge so, dass diese im Bremsabstand hintereinander herfahren können. So lässt sich mit ERTMS der heute übliche Blockbetrieb auf der Schiene beenden. Dabei darf immer nur ein Zug in einem Streckenabschnitt fahren.
Mit ERTMS ausgestattete Züge sollen an Grenzübergängen zudem einfach durchfahren können. Bislang verhindern dies die heute in den EU-Staaten genutzten 30 unterschiedlichen Signalsysteme. Da ERTMS zugleich weniger störanfällig sein soll und seltener gewartet werden muss, wird es Züge pünktlicher machen und die Kapazität des vorhandenen Schienennetzes um bis zu 40 Prozent steigern, schätzt die EU-Kommission. Doch obwohl es der EU nur mit ERTMS gelingen wird, den Personenverkehr auf der Schiene bis 2030 zu verdoppeln, schreitet die Einführung des Systems kaum voran. Bislang wurde es nur auf 13 Prozent der Kernstrecken in Europa installiert. Acht von zehn neu ausgelieferten Zügen nahmen die Mitgliedsstaaten zudem zwischen 2014 und 2019 von der Anforderung aus, sie mit ERTMS-Bordgeräten auszustatten, kritisiert das EU-Parlament.
Wenn bis 2030 zumindest die Kernstrecken mit ERTMS ausgestattet sein sollen, müssen Mitgliedsstaaten das Tempo, mit dem sie das System einführen, daher künftig um das Zehnfache steigern, forderten die EU-Parlamentarier im Juli 2021 in einer rechtsverbindlichen Resolution. Nur wenn dies gelingt, werden lange Reisen mit der Bahn in Europa künftig mehr sein als ein Traum.
Quelle: Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Text: Gerd Mischler | Bild: Shutterstock/HNK, Designcuts/bloomua
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 4.2022 am 8. November 2022 erschienen.
Mit Ladesäulen will Wirelane in Zukunft viel Geld verdienen, ohne eine einzige Säule zu verkaufen. Gründer Constantin Schwaab erklärt das Geschäftsmodell.
Der Aufbau einer funktionierenden öffentlichen Ladeinfrastruktur ist die Conditio sine qua non der Elektromobilität. Ein Blick in drei Metropolen zeigt: Ausgerechnet Seoul, wo Elektroautos im Straßenbild noch selten sind, könnte zum Vorreiter werden.
Die EU will die Fahrgastzahlen auf innereuropäischen Strecken bis 2030 verdoppeln. Die dafür erforderliche Technik wäre vorhanden. Allerdings muss das Tempo steigen, mit dem Schienennetze modernisiert werden. Digitale Zugleitsysteme spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Die Mobilitätsstudie von Continental zeigt, dass das Auto nicht nur in Europa und den USA, sondern auch in chinesischen Metropolen der wichtigste Verkehrsträger bleibt. Gilles Mabire, Chief Technology Officer für das Autogeschäft des Zulieferers, will Autos daher durch Digitalisierung und Vernetzung nachhaltiger machen.
Superkondensatoren können in kurzer Zeit sehr viel Energie aufnehmen und wieder abgeben. Die estnische Firma Skeleton Technologies, die mit einem Großteil ihrer Beschäftigten in Sachsen tätig ist, hat ein innovatives Grundmaterial dafür entwickelt.
ampere
Mit dem Magazin der Elektro- und Digitalindustrie ampere, das zwei Mal im Jahr erscheint, schaut der Verband über den Tellerrand der Branche hinaus.
Jede Ausgabe von ampere setzt sich kontrovers und informativ mit Themenschwerpunkten der Elektroindustrie auseinander, die aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Der Verband will mit dem Magazin den Dialog mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft stärken.