Bereit für die Quantenwelt
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ampere 1.2023
Report - Teil 1
Mit Manufacturing-X arbeitet der ZVEI an einer branchenübergreifenden Initiative mit, die einen transparenten, sicheren Datenraum für die Industrie schaffen soll. Das von der Bundesregierung geförderte Projekt soll für neue Geschäftsmodelle, mehr Ressourcen- und Energieeffizienz und eine höhere Resilienz aller Beteiligten sorgen.
Daten sind weltweit die Währung, mit deren Sammeln, Austausch und Verwertung sich erfolgreiche Geschäftsmodelle aufbauen lassen. Das zeigen zum Beispiel Alphabet, Amazon, Meta & Co. Die US-amerikanischen Hyperscaler haben sich enorm viel Know-how erarbeitet – warum sollte davon nicht die Industrie in Deutschland, Europa und auch weltweit profitieren und ihr Datenmanagement ganz in die Hände dieser Konzerne legen? Warum sollte der fehlende Baustein für die breitere Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten nicht aus den USA kommen? „Wir benötigen einen vertrauensvollen Datenraum, den uns diese monopolistischen Firmen nicht anbieten können“, antwortet Gunther Koschnick auf diese Fragen. „Dazu gehören zum Beispiel ein hohes Maß an Transparenz oder auch der Schutz der wertvollen Daten vor Missbrauch“, erklärt der Leiter des Bereichs Industrie beim ZVEI.
Die Lösung soll eine breite branchenübergreifende, industriepolitische Initiative sein, an der der ZVEI u. a. gemeinsam mit dem VDMA und Bitkom arbeitet und die von der Bundesregierung mit einer dreistelligen Millionensumme gefördert wird. Unter dem Namen „Manufacturing-X“ entsteht ein föderativer Datenraum, in den Tausende von Unternehmen ihre Daten einbringen können – als Alternative zu den existierenden zentralistischen Lösungen der Plattformökonomie. „Wir wollen gemeinsam etwas erschaffen, das die Souveränität der beteiligten Unternehmen erhält“, sagt Koschnick. „Dazu müssen wir verbindliche Standards für Datenmodelle und Plattformen festlegen, die eine Grundvoraussetzung für jede erfolgreiche industrielle Digitalisierung sind.“ Die Firmen, die am Projekt mitarbeiten, behalten so den direkten Zugang zu ihren Kunden und können neue Geschäftsmodelle entwickeln. Sie steigern zudem ihre Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz sowie ihre Ressourcen- und Energieeffizienz und können transparentere Kundenbeziehungen aufbauen. Außerdem können sie ihre Lieferketten besser abbilden, was gerade in den vergangenen Jahren eine immer größere Rolle spielt.
Besonders wichtig sind drei Faktoren, damit Manufacturing-X industrielle Wertschöpfungsprozesse neu und digital definieren kann. „Wir müssen erstens die Akzeptanz aller Beteiligten so hoch wie möglich halten. Dafür denken wir alle möglichen Anforderungen von Anfang an mit und beziehen die späteren Nutzer in Feedback-Runden mit ein“, erklärt Koschnick. Zweitens müsse deren Nutzen im Vordergrund stehen. Die Firmen würden sich verständlicherweise nur engagieren, wenn sie profitieren, erklärt der Experte. Dafür seien Leuchtturmprojekte nötig, die zeigten, wie das große Ganze umgesetzt werden kann. „Und drittens sollten wir das Rad nicht neu erfinden, sondern bestehende Initiativen wie zum Beispiel Erkenntnisse aus Gaia-X oder dem Automobilprojekt Catena-X einbeziehen. Das ist deutlich effizienter.“ Deswegen ist es besonders wichtig, diese anzuschauen und das Beste daraus zu lernen. Daraus ergeben sich viele Fragen: Wo sind welche Verknüpfungen zu anderen Datenräumen sinnvoll? Was sollte Manufacturing-X selbst entwickeln, was übernehmen? Und: Wie kann der Entwicklungsprozess gestaltet werden, damit Manufacturing-X mit Reifegrad, Geschwindigkeit und Komplexität anderer Projekte umgehen kann?
Derzeit wird die Manufacturing-X-Community aufgebaut, ZVEI und VDMA planen einen verbändeübergreifenden Manufacturing-X-Verein, Empfehlungen seitens der Verbände für Förderrichtlinien werden erarbeitet. Das Projekt soll dann Mitte des Jahres 2023 starten. Grundlage dafür wird ein Konzeptpapier des Bundeswirtschaftsministeriums sein, das von der Bundesregierung im April verabschiedet wird. Noch vor dem Sommer 2023 werden Förder- und sogenannte Leuchtturmprojekte, an denen sich die Branche orientieren kann, vom Ministerium ausgeschrieben. Das hohe Tempo ist gewollt. „Wir arbeiten gemeinsam daran, dass Manufacturing-X so schnell wie möglich Wirklichkeit wird“, sagt Koschnick, der mit Manufacturing-X den nächsten Schritt in der Digitalisierung der Industrie eng begleitet – nach dem digitalen Typenschild, dem Verwaltungsschalen-Standard (Digitaler Zwilling) für Industrie 4.0 und dem ZVEI-Show-Case PCF@ControlCabinet (siehe die Rubrik „Heißes Eisen“ auf Seite 42). Koschnick ist sicher: „Wir werden schnell Ergebnisse erzielen, auch um unsere Branche mit vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat unserer Industrien sind, zu unterstützen.“
Manufacturing-X soll verschiedene Branchen zusammenbringen, von der Elektro- und Digitalindustrie und dem Maschinenbau über die Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie bis zur Autoindustrie. Letztere arbeitet mit Catena-X schon jetzt daran, ihre Wertschöpfungsketten digital zu vernetzen. Das Projekt steht für ein kollaboratives, offenes Datenökosystem, das als Blaupause für Manufacturing-X gilt. Das System vernetzt die Autohersteller unter anderem mit ihren Zulieferern und Dienstleistern über die gesamte Lieferkette hinweg. Auch soll diese Vernetzung auf Augenhöhe, sicher, transparent und unabhängig von den Tech-Giganten umgesetzt werden. Ein „standardisierter, globaler Datenaustausch auf Basis europäischer Werte“ soll im Mittelpunkt stehen, so heißt es in der Selbstbeschreibung von Catena-X. Die Datensouveränität ist auch hier ein wichtiges Argument: Wer Daten einspeist, soll die Kontrolle darüber behalten, wer diese wann und wie nutzen kann.
Text Marc-Stefan Andres | Illustration shutterstock.com/Andrew Derr
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.2023 am 11. April 2023 erschienen.
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