Herr Dr. Danzeisen, warum haben Sie Ihre digitalen Zwillinge gerade in Indien bei Netzbetreibern und Stromversorgern angeboten?
Das war eine Wette auf einen sich transformierenden Markt. Weil Indiens Wirtschaft sehr dynamisch wächst, die Regierung die Energieversorgung dekarbonisieren will, die Netzinfrastruktur auf dem Subkontinent aber in keinem guten Zustand ist, sahen wir Chancen für die IT-Lösungen, die wir anbieten.
Ging die Wette auf?
Auf jeden Fall. Der Business Case ist bereits jetzt aufgegangen, und wir erwarten weitere Projekte mit verschiedenen Netzbetreibern in Indien. Von daher können wir sagen, dass sich die Investition auf jeden Fall gelohnt hat.
Venios ist kein globaler Großkonzern. Wie können Sie sich als relativ kleines Unternehmen in Indien behaupten?
Der Vorteil von Venios als kleines Unternehmen ist ja, dass wir viel schneller und flexibler auf die Bedürfnisse der Partner vor Ort reagieren können. Das gibt uns schonmal einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu den Großkonzernen. Daneben arbeiten wir mit Partnern vor Ort zusammen, die uns bei verschiedenen Aufgaben – sei es im Vertrieb, aber auch der Entwicklung – unterstützen. Hier haben wir gemerkt, dass eine Partnerschaft auf Augenhöhe die wichtigste Voraussetzung für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit ist. Dadurch sehen wir uns auch im Vergleich zu den globalen Großkonzernen gut aufgestellt.
Was finden Sie als Unternehmer an Indien besonders bemerkenswert?
Das Land ist für mich einer der spannendsten Märkte. Die indische Bevölkerung ist jung und technologieoffen. Viele Menschen wurden an hervorragenden Universitäten ausgebildet und wollen etwas erreichen. Zugleich haben viele Inder einen beneidenswerten Pragmatismus.
Das heißt?
Wenn man dort Menschen ans Stromnetz bringen will und dazu bestimmte Software-Lösungen nutzen muss, dann tut man das. Auch an die großen Ziele, die sich das Land beim Netzausbau und bei der Energiewende gesetzt hat, gehen Inder pragmatischer heran. Selbst wenn zunächst nur Teile der Ausbauziele erreicht werden, ist man darauf zu Recht stolz. Denn in Anbetracht der Größe des Landes ist das immer eine beeindruckende Leistung.
Womit tut sich Indien bei der Energiewende schwer?
Mit den großen Unterschieden zwischen den hochmodernen Städten und dem noch nicht so weit entwickelten ländlichen Regionen des Landes. Die Netzinfrastruktur auf dem Land ist oft noch sehr veraltet.
Was haben Sie in Indien für Ihre Aktivitäten in Deutschland gelernt?
Dass man den Übergang zu erneuerbaren Energien auch weniger kostenintensiv gestalten kann. Nur mit einem effizienten und vor allem bezahlbaren Transformationsprozess auch für die Nicht-Industrienationen kann der Klimawandel effektiv eingedämmt werden. Darüber hinaus können wir vor allem von der Zielorientiertheit, dem Pragmatismus und dem Optimismus in Hinblick auf die Zukunft lernen.