Wer Anna Kassautzki über Sicherheitslücken in Open-Source-Codes sprechen hört, mag kurz vergessen, dass sie nicht Informatikerin, sondern Staatswissenschaftlerin ist. „Internet, Computer, das war eigentlich immer wichtig in meinem Leben“, sagt die 28-Jährige. Genauso wie die politische Arbeit, die schon während ihrer Schulzeit beginnt, als sie im nordhessischen Vogelsbergkreis zur Vorsitzenden des Kinder- und Jugendparlaments gewählt wird. Das Studium führt sie nach Mecklenburg-Vorpommern, wo sie im September 2021 im ehemaligen Wahlkreis von Angela Merkel antritt und zur Überraschung vieler Beobachter sofort ein Direktmandat erringt.
Digitalpolitik ist für Kassautzki immer auch Sozialpolitik. „Es darf nicht auf den Geldbeutel der Eltern ankommen, wie gut der Internetempfang zuhause ist“, sagt sie. „Wir wollen den Gigabitanschluss allen ermöglichen, auf dem Land wie in der Stadt.“ Doch nicht nur die Bandbreite hält sie für wichtig, um allen Menschen digitale Teilhabe zu ermöglichen. Deshalb macht Kassautzki auch den in der Politik oft rein technisch betrachteten Punkt der IT-Sicherheit zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit. „Ich möchte nicht zulassen, dass eine gute Verschlüsselung nur der bekommt, der es sich leisten kann. Auch da geht es um Gerechtigkeit.“
In Vieles müsse sie sich noch gründlich einarbeiten, sagt die neugewählte stellvertretende Vorsitzende des Digitalausschusses. Dass sie sich dabei nicht auf oberflächliche Aussagen verlässt, sondern den Dingen gern auf den Grund geht, merkt man ihr an. Wenn Experten mit „Buzzwords“ um sich werfen, hinter denen nichts stecke, gehe sie an die Decke. Gleichzeitig will Kassautzki sachorientierte Politik machen und glaubt, dass sich in vielen Fragen auch fraktionsübergreifend Verbündete finden lassen, etwa wenn es gilt, rechtsstaatliche Grundsätze auch im Internet durchzusetzen. Freiheit und Sicherheit seien im Netz durchaus in Einklang zu bringen, aber man müsse eben diskutieren, was beispielsweise im Kampf gegen Kinderpornographie verhältnismäßig ist und was nicht.
Einen Akzent setzt Kassautzki zudem mit ihrem Eintreten für eine schnellere und vor allem bessere Digitalisierung der Schulen. Auch wenn sie die föderale Organisation des Bildungswesens nicht grundsätzlich angreift, findet sie es sinnvoll, eine bundesweit einheitliche digitale Lernplattform einzuführen, am besten Open-Source-basiert. Bundesländer könnten dann spezifische Anpassungen vornehmen. „Doch ich verstehe nicht, warum alle ihr eigenes Süppchen kochen müssen“, sagt die Politikerin, die sich selbst als Teamplayerin versteht.