Der Beschleuniger
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ampere 3.2022
Heißes Eisen
Ohne Risiko kein Erfolg. Doch wer unternehmerische Risiken eingehen will, sollte sich mit den Gefahren zuvor genau beschäftigt haben. Natalia Oropeza, Chief Cybersecurity Officer und Chief Diversity Officer von Siemens, sieht Resilienz nicht als Kostenfaktor, sondern als Vitalfunktion eines Unternehmens.
Wer eine Bestimmung hat, empfindet seine Arbeit als sinnvoll. Davon ist Natalia Oropeza überzeugt. Ihr Ziel als Chief Cybersecurity Officer von Siemens ist es, die Systeme des Konzerns und seiner Kundinnen und Kunden zu schützen – vor 1.000 Cybersecurity-Vorfällen im Monat. „Ich liebe diese Aufgabe“, sagt Oropeza. „Wenn es meinem Team und mir gelingt, Angriffe abzuwehren, schützen wir die Arbeitsplätze von mehr als 300.000 Menschen und unzählige kritische Infrastrukturen wie Wasserwerke, Züge, Elektrizitätswerke oder Krankenhäuser“, beschreibt die Elektronik-Ingenieurin ihre Aufgabe.
Zugleich mache der Schutz ihrer IT-Systeme Unternehmen erst so resilient, dass sie erfolgreich in einer Welt agieren können, in der sich die Digitalisierung und Technologien ebenso rasant entwickeln wie geopolitische Konflikte. „Denn wer Resilienz besitzt, hat verstanden, dass sich der Status quo jederzeit ändern und Erreichtes verloren gehen kann. Er oder sie ist daher darauf vorbereitet, dass sich unerwartete Ereignisse verheerend auswirken können“, erklärt Natalia Oropeza. In Krisen sei Resilienz auch das Talent, mit Schwierigkeiten konstruktiv umzugehen und die Fähigkeit, sich selbst wieder- und neu zu erfinden, um weitermachen zu können.
Nur wer zugleich flexibel und gut vorbereitet ist, hat die Freiheit, Risiken einzugehen. Die werden heute immer zahlreicher. „Zugleich lassen sich Unternehmen nur erfolgreich in die Zukunft führen, wenn sie Appetit auf Risiko haben“, meint Oropeza. In Deutschland habe dieser Gusto lange Zeit gefehlt, hat die Mexikanerin beobachtet, die in Puebla am Fuß des Popocatépetl – einem der aktivsten Vulkane ihrer mittelamerikanischen Heimat – aufgewachsen ist. „Das ändert sich jedoch allmählich“, stellt sie fest.
Dadurch werde es aber auch immer wichtiger, gründlich zu analysieren, welchen Risiken ein Unternehmen ausgesetzt ist. „Womit genau verdient es sein Geld, welche seiner Assets bringen den größten Wertschöpfungsbeitrag? Ist es eine Maschine, falls ja, welche? Oder sind es die Daten des Fertigungsprozesses, der darauf abläuft?“, fragt die Expertin für Cybersicherheit. Dabei wird ihr sonst weicher mittelamerikanischer Akzent hart und bestimmt. Denn nur wer solche Fragen sorgfältig beantwortet, erkennt alle Dimensionen des Risikos, dem sein Betrieb ausgesetzt ist.
Sind Daten das zu schützende Gut, ist auch danach zu unterscheiden, ob der größte Schaden entstehen könnte, weil Informationen nicht mehr verfügbar sind oder weil diese manipuliert werden. Das größte Risiko könnte auch darin bestehen, dass Konstruktionsunterlagen gestohlen oder gesetzliche Aufbewahrungspflichten verletzt werden, weil Datensätze verloren gehen. „Mein Albtraum ist, dass Kriminelle geistiges Eigentum stehlen oder die Integrität von Daten kompromittieren“, gesteht Natalia Oropeza. Denn wenn Kriminelle, die in der Bordsoftware eines Fahrzeugs oder der Operational Technology eines Kraftwerks eingestellten Parameter ändern, bekomme das unter Umständen niemand mit, bis es durch die herbeigeführten Fehlfunktionen zu einem Unglück komme. „Wenn eine Fabrik auf die für ihren Betrieb nötigen Daten nicht mehr zugreifen kann, entsteht zwar gewaltiger finanzieller Schaden. Aber das fällt sehr schnell auf.“
Wer für geschäftliche Erfolge ein höheres Risiko hinnimmt, muss öfter mit solchen Schadensfällen rechnen, fasst die Cybersicherheitschefin von Siemens zusammen. Dabei sei es unerlässlich, Risiken zu priorisieren. Denn alles im Unternehmen lasse sich nicht schützen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken lasse sich auch nicht auf null Prozent senken. „Wer das fordert, muss sehr viel investieren und eine Menge Zeit aufbringen.“ Denn Digitalisierung und Cybersicherheit seien zwei Seiten derselben Medaille. Deshalb müssten Unternehmen umso mehr in die Absicherung ihrer Erfolge investieren, je mehr sie durch die Digitalisierung erreicht haben.
Wer die dafür sowie für den Aufbau von Resilienz nötigen Investitionen nur als Kostenfaktor sehe, verstehe allerdings nicht, was Resilienz bedeute, warnt Natalia Oropeza. Denn Resilienz ist eine vitale Lebensfunktion gesunder Unternehmen. Die herzustellen und zu gewährleisten, ist das, was ihre Arbeit sinnvoll macht.
Text: Gerd Mischler | Fotografie: Siemens AG 2022/ Lennart Preiss
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 3.2022 am 12. August 2022 erschienen.
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