Wie kann Digitalisierung zu größerer Nachhaltigkeit beitragen?
Neike: Wir hatten uns zunächst das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden. Als wir dann mit der Umsetzung begannen, haben wir gemerkt: Aus der Fabrik selbst stammen nur 20 bis 30 Prozent des CO2, der Rest kommt aus der Lieferkette. Die große Herausforderung besteht darin, genau nachvollziehen zu können, wie der CO2-Fußabdruck einzelner Bauteile aussieht. Deshalb nutzen wir eine spezielle, besonders energieeffiziente Blockchain. Am Ende dieser Entwicklung werden wir für jede Kugel Eis genau nachvollziehen können, welche Klimawirkung sie hat – und das auch dem Verbraucher mitteilen können.
Christmann: Das Beispiel zeigt, dass die Debatte darüber, wofür wir eigentlich Digitalisierung brauchen, völlig überholt ist. Es gibt eine große Anzahl von Umweltprojekten, die nur mit digitalen Technologien umsetzbar sind. Dazu gehört beispielsweise der digitale Produktpass, der auch den CO2-Fußabdruck enthält. Das gilt aber auch für die Energiewende, die eine intelligente Steuerung von Erzeugungsanlagen und Netzen erfordert. Digitalisierung bietet eine enorme Chance für gesellschaftlichen und zivilisatorischen Fortschritt. Es wäre fatal, das nicht zu nutzen!
In vielen Punkten – etwa den smarten Strom-netzen – wird politisch schon lange gewollt. Wird nun aus dem Wollen wirklich Handeln?
Christmann: Es gab viele Strategien in der Vergangenheit. Wir müssen es nun einfach machen, auch wenn es sich teilweise um große Baustellen handelt. Die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass Behörden überhaupt Daten austauschen oder gemeinsame Datenbanken nutzen dürfen, ist eine solche Baustelle. Aber wir dürfen damit Nichthandeln nicht entschuldigen, sondern müssen Schritt für Schritt vorangehen. Die Bundesregierung will bewusst neue Akteure wie das Dateninstitut oder eine neue Innovationsagentur schaffen, die agiler arbeiten können als das Behörden klassischerweise tun.