Kompetenzen aufbauen
So wichtig zusätzliche Produktionskapazitäten sind, eine hinreichende Lösung stellt das noch nicht dar. „Wir müssen auch unsere Kompetenzen im Bereich des Designs von Chips erweitern und diese selbst testen können“, fordert Dr. Sven Baumann, ZVEI-Experte für Mikroelektronik, Sensorik und Aktorik. Denn wenn etwa Hersteller von Komponenten der kritischen Infrastruktur Halbleiter in den USA oder China kaufen, müsse es in Europa das Wissen geben, um mit Tests sicherzustellen, dass zum Beispiel Hacker nicht durch Hintertüren auf die Chips zugreifen können. Außerdem soll eine ausreichend finanzierte Forschungsförderung dafür sorgen, dass Europa seine Stellung dort erhält und weiterentwickelt, wo es heute bereits weltweit führend ist, etwa bei Leistungshalbleitern (aus Siliziumkarbid), halbleiterbasierten Sensoren/Aktoren, der Lasertechnik, Chemikalien und Lithographie-Maschinen für die Halbleiterherstellung.
Sowohl die Europäische Kommission als auch die Bundesregierung haben das verstanden und Förderprogramme wie das deutsche Rahmenprogramm Mikroelektronik und den Forschungsrahmenplan der EU „Horizon Europe“ aufgesetzt. Außerdem läuft in 20 EU-Staaten derzeit das zweite „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) für Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien an. In dessen Rahmen dürfen EU-Mitgliedsstaaten Unternehmen ausnahmsweise Beihilfen gewähren, wenn damit neue Technologien erstmals industriell eingeführt werden.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat der EU-Kommission 32 Projekte vorgelegt, die es im Rahmen des neuen IPCEI fördern will. Noch ist aber unklar, ob es zu einer Förderung kommt. „Welche Projekte des IPCEI in Deutschland wirklich umgesetzt werden können, hängt auch davon ab, ob das Finanzministerium die im Koalitionsvertrag festgelegte Förderung im Bundeshaushalt unterstützt“, fasst Dr. Martin Pioch, ZVEI-Senior-Manager für European Affairs in Brüssel, zusammen.