„Kunden aus allen Branchen haben die Vorteile der industriellen 5G-Netze erkannt“, berichtet Axel Lorenz, CEO Process Automation bei Siemens und Vorsitzender des ZVEI-Fachbereichs Messtechnik und Prozessautomatisierung. „Besonders starkes Interesse gibt es derzeit in der Chemie- und Pharmaindustrie, aus dem Öl- und Gas-Sektor und in der Automobilindustrie.“ Die Anwender versprechen sich vom 5G-Einsatz vor allem optimierte Produktionsprozesse, eine höhere Zuverlässigkeit und mehr Flexibilität – schließlich lassen sich industrielle Anlagen dank drahtloser Vernetzung relativ einfach an neue Kundenanforderungen und Branchentrends anpassen.
Siemens hat mittlerweile eine komplette Produktpalette für industrielles 5G im Angebot: den „5G-Core“ für die Verwaltung des 5G-Netzwerks und des Datenverkehrs sowie das „Radio Access Network“ für das Management des Funknetzes, die Umwandlung der Daten in Funksignale und die Verteilung des 5G-Signals über mehrere dezentrale Radio Units in den Produktionshallen. „Da jedes Land selbst über die Vergabe von 5G-Frequenzen entscheidet, rollen wir unsere Produkte gerade schrittweise mit länderspezifischen Anpassungen aus“, so Lorenz. „Am Ende werden unsere Kunden aber weltweit mit den gleichen Modulen arbeiten können, die sich lediglich durch die genutzten Frequenzen unterscheiden – sofern der Zugang zu privat nutzbaren Frequenzen vorhanden ist.“
„5G ist eine Riesenchance für die Smart Factory“, sagt Klaus Bauer, Head of Research (Smart Factory Infrastructure) bei Trumpf. „Denn Kommunikation ist die Basis für die intelligente Fabrik.“ Genau das biete 5G – und sogar noch mehr: Denn künftig soll die Mobilfunktechnik außer dem Datentransport weitere Möglichkeiten bieten, zum Beispiel die Ortung auf zwei bis drei Meter genau. Auf diese Weise ließe sich quasi nebenbei ein weitverbreitetes Problem lösen: Zwischenprodukte landen in vielen Fabrikhallen bis zur Weiterverarbeitung oft für wenige Stunden oder Tage in Containern, die während dieser Zeit aus Platzgründen gelegentlich umplatziert werden. Um langwierige Suchen nach den benötigten Teilen zu vermeiden, könnten die Unternehmen ein separates Ortungssystem zum Beispiel auf Basis von UWB (Ultra Wideband) installieren. „Viel einfacher wäre es aber, in Zukunft dafür einfach die ohnehin schon vorhandene 5G-Infrastrutur zu nutzen“, sagt Bauer. „Auch dadurch bietet 5G viel Optimierungspotenzial, gerade für hochflexible Fertigungen.“
Dass 5G so gut zu den Anforderungen im industriellen Umfeld passt, ist kein Zufall. Die ZVEI-Arbeitsgemeinschaft 5G Alliance for Connected Industries and Automation (5G-ACIA) setzt sich seit 2018 für die Einführung von 5G in der industriellen Produktion ein. Dort vertreten sind Industrie-Ausrüster, Komponentenhersteller, Anwender, Netzwerkspezialisten und Telekommunikationsunternehmen. „Früher wurde die Entwicklung neuer Mobilfunktechnologien von IT-Firmen mit Blick auf private Endverbraucher vorangetrieben. Im Rahmen von 5G-ACIA konnten wir nun erstmals die Lücke zur Industrie schließen und ebenfalls Einfluss nehmen“, so Bauer, der sich als Vorstandsmitglied in der Arbeitsgemeinschaft engagiert. „Durch den Austausch vieler Stakeholder konnten wir die IT-Sicht und die OT-Sicht zum Nutzen aller Beteiligten zusammenbringen. Das ist eine große Errungenschaft.“