Weniger zu verpacken ist sicher gut für den Klimaschutz. Weniger zu produzieren wäre noch besser – oder?
Noch immer haben viel zu wenig Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser oder zu Elektrizität. Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, an denen wir uns orientieren, umfassen zudem das Recht auf medizinische Versorgung, Bildung und vieles mehr. Wenn wir allen Menschen einen gewissen Wohlstand zusprechen, dann werden in Zukunft mehr und nicht weniger Güter produziert. Es muss nur besser gemacht werden als in der Vergangenheit.
Welche Rolle spielt dabei die Automatisierungstechnik?
Ich bin selbst immer wieder überrascht, wie groß die Effizienzgewinne selbst in modernen Fabriken sind, wenn Digitalisierung konsequent umgesetzt wird. Ein Beispiel aus unserem Werk in Bad Pyrmont: Wir haben die komplette existierende Fertigung nachträglich digitalisiert und die Messdaten von spezialisierten Datentechnikern analysieren lassen. Losgelöst von den eigentlichen physikalischen Prozessen haben die allein über die Korrelation von Daten Änderungen vorgeschlagen. Dadurch konnten wir bis zu 30 Prozent Effizienz gewinnen. Zum Beispiel haben wir an den Linien für die Bestückung von Leiterplatten das Rüstkonzept verändert und können dadurch die Auslastung der Maschinen deutlich steigern. Das erspart uns, bei gestiegener Nachfrage zusätzliche Maschinen anzuschaffen und senkt so nicht nur die Kosten, sondern auch die Umweltbelastung, die ansonsten durch den Bau dieser Maschinen entstanden wäre.
Das freilich funktioniert nur, wo der Automatisierungsgrad schon sehr hoch ist. Was kann an weniger entwickelten Standorten getan werden?
Konsequent zu automatisieren, so wie wir es in Deutschland getan haben, ist überall auf der Welt ein Weg zu höherer Effizienz. Und wir sollten dabei die Antriebstechnik nicht vergessen: Energieeffiziente, geregelte Antriebe bringen gewaltige Energieeinsparungen von bis zu 40 Prozent. Besser als auf Industrialisierung zu verzichten, ist es, den Ressourceneinsatz zu vermindern.
Welche Rolle spielt Ihre Nachhaltigkeitsstrategie dabei, Nachwuchstalente für Ihr Unternehmen zu gewinnen?
Fachkräfte wollen immer häufiger für ein Unternehmen arbeiten, dem die Umwelt nicht egal ist. Wir spüren aber auch, dass unsere Nachhaltigkeitsstrategie das eigene Management sehr motiviert. Ein Bekenntnis allein reicht nicht, man muss auch Maßnahmen implementieren. Deshalb haben wir für die Umsetzung unserer Strategie einer „All Electric Society“ nicht eine separate Abteilung geschaffen, sondern die Führungskräfte verantwortlich gemacht, die auch für die Wirtschaftlichkeit geradestehen müssen.
Nun gibt es ja nicht ausschließlich Unternehmer, die sich aktiv für den Klimaschutz engagieren. Was sollte die Politik tun, um den Klimaschutz im gesamten Industriesektor zu verbessern?
Meinem Eindruck nach haben die meisten Industrieunternehmen bereits verstanden, dass sie gut beraten sind, sich aktiv um Klimaschutzmaßnahmen zu bemühen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben
wollen. Darüber hinaus braucht es eigentlich nur eine CO2-Bepreisung. Ansonsten würde ich davon abraten, allzu viel im Detail zu regulieren.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Leidecker.