Der Unternehmer rät jungen Leuten, sich auszuprobieren, nach der Schule zum Beispiel ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr zu machen oder sich in fernen Ländern mit Work & Travel über Wasser zu halten. „Das ist sehr gut investierte Zeit, in der man sich nicht auf die Eltern verlassen kann und so seine eigenen Ideen entwickelt. Außerdem spart man vielleicht auch einige Jahre Studium, wenn man sich ansonsten zu schnell für das falsche Fach entschieden hätte.“ Für Christian Erbe ist ein solcher Schritt enorm wichtig, auch wenn er im eigenen Konzern auf die Ausbildung schaut. Hier setzt er ebenfalls auf eine möglichst enge Anbindung an die Realität. „Wir haben rund 50 junge Menschen im Unternehmen, die entweder eine duale Ausbildung oder ein duales Studium machen.“ Absolventen von Universitäten oder Hochschulen für Angewandte Wissenschaften steigen eher selten bei Erbe Elektromedizin direkt ein, obwohl in der Grundlagenforschung und der Entwicklung am Stammsitz in Tübingen rund 190 Wissenschaftler arbeiten, bis hin zu Professoren. „Wir benötigen dort Menschen, die schon Berufserfahrung haben, damit wir im Wettbewerb bestehen können.“
Solche Menschen zu finden, wird in den kommenden Jahren nicht einfacher, der Wettbewerb mit anderen Branchen ist groß. „Deswegen müssen wir internationaler werden und für mehr junge Menschen auch aus dem Ausland attraktiv sein.“ Der Export von Ausbildungsstandards in die weltweiten Standorte des Unternehmens ist deswegen nur folgerichtig. 17 Tochterunternehmen arbeiten im Ausland – und damit 500 von 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern –, vor allem im Vertrieb, aber zunehmend auch in Einkauf, Forschung und Produktion. Noch gibt es dort aber keine eigenen Ausbildungsgänge. Ein Grund dafür: „Wenn wir etwa die USA und China mit Deutschland vergleichen, sehen wir höchst unterschiedliche Ansätze: Die Amerikaner setzen in der Produktion zum Beispiel auf sogenannte System Operation Procedures. Sie schreiben jeden Handgriff vor und können so auch ungelernte Kräfte einplanen“, beschreibt Erbe das System. Auch Führungsjobs werden in den USA oft nicht aufgrund formaler Qualifikationen vergeben. So hatte eine ehemalige USA-Marketingchefin von Erbe Elektromedizin nicht Betriebswirtschaft studiert, sondern kam vom Musical am Broadway. „Allerdings wollen wir auch dort durch die Ausbildung mehr Expertentum erreichen.“ Bei einer Wertschöpfungstiefe von 70 Prozent und vielen hoch spezialisierten Bereichen sei das auf jeden Fall sinnvoll.