Der Energieaustausch mit solchen Partnern kann langfristig nur über Wasserstoff oder dessen Derivate erfolgen, oder?
Feicht: Die politische Leistung der vergangenen Legislaturperiode bestand darin, Wasserstoff als Option für Treibhausgasneutralität einzuführen – nicht anstelle, sondern neben der direkten Nutzung von Strom. Nun entsteht eine Wasserstoff-Ökonomie nicht nur in Deutschland oder Europa, sondern überall auf der Welt.
Rodriguez: Definitiv muss eine Wasserstoff-Wirtschaft entstehen. Auf europäischer Ebene ist das mit der Allianz für sauberen Wasserstoff und dem IPCEI-Vorhaben Wasserstoff auch auf gutem Weg. Aber wir haben auch im Strombereich noch nicht das volle Potenzial des europäischen Binnenmarkts erschlossen. So fehlt es noch an Interkonnektoren an den Grenzen und vor allem an der Digitalisierung der Verteilnetze. Ich nehme an, dass es mit weniger Investitionen verbunden ist, dieses Potenzial auszuschöpfen, als eine europäische Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen.
Was sind denn nun die Erfolgsfaktoren für den Wandel hin zu einer Treibhausgas-neutralen Energielandschaft?
Rodriguez: Der Wille und das Geld sind da. Es mangelt allerdings an Geschwindigkeit. Es muss jetzt schnell gehen, denn wir haben nur noch wenig Zeit, um die Klimaziele zu erreichen. Ob wir als Wirtschaft die gigantischen notwendigen Investitionen rechtzeitig stemmen, hängt auch von Fragen ab: Finden wir ausreichend Fachpersonal? Und bekommen wir rechtzeitig alle notwendigen Genehmigungen? Eine Gefahr sehe ich insgesamt in der Tendenz zur Überregulierung und eine Tendenz, bestimmte Technologien herauszupicken statt Technologieneutralität walten zu lassen.
Feicht: Es ist alles so angelegt, dass jetzt über die Maßnahmen entschieden werden kann. Für das europäische „Fit-for-55“-Paket haben wir in Deutschland bereits die Voraussetzungen getroffen. Aber Deutschland ist als Markt zu klein, deswegen brauchen wir eine europäische Rahmengesetzgebung. So entstehen Märkte, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Ressourcen zu allokieren und zu investieren. Ein Beispiel dafür: Mit der Umsetzung der „Renewable Energies Directive II“ in nationales Recht haben wir Treibhausgasquoten für Kraftstoffe festgelegt. Der In-Verkehr-Bringer muss diese Quoten nachweisen, also wird er entsprechende Treibhausgas-neutrale Energieträger nachfragen. So entsteht ein Markt! Das kann man analog in anderen Sektoren auch machen.