Apropos Bremse: Man hört viele Klagen aus Unternehmen über das Lieferkettengesetz. Ihre Meinung dazu?
Das Lieferkettengesetz hat eine gute Grundidee: Niemand möchte Produkte verwenden, die unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurden oder Umweltzerstörung verursachen. Doch in der Umsetzung wird es oft schwierig. Lieferketten sind komplex und es ist nicht immer möglich, bis zum letzten Glied alles lückenlos zu kontrollieren. Was bleibt, ist dann oft ein hoher bürokratischer Aufwand, der wenig zur Problemlösung beiträgt. Hier wäre es sinnvoller, mit Anreizen zu arbeiten und global Standards zu fördern, die umsetzbar sind.
Betrachten wir es einmal vom anderen Ende der Skala: Was stimmt Sie positiv, wenn Sie als CEO durch die Werkshalle von Wöhner gehen?
Zunächst einmal sehe ich dort unsere Mitarbeitenden. Ihre Kreativität, Loyalität und ihr Einsatzwillen sind die Basis unseres Erfolgs. Ohne sie geht nichts. Dann denke ich an unsere Eigentümerfamilie, die langfristig denkt und auch in schwierigen Zeiten bereit ist, in die Zukunft zu investieren. Das ist im Mittelstand nicht selbstverständlich. Und schließlich sehe ich viel Potenzial in unserem Markt. Strom ist das Rückgrat unserer Gesellschaft. Ohne ihn läuft nichts – weder in Rechenzentren noch in der Industrie. Wir sind also in einem Zukunftsmarkt unterwegs, und das gibt uns Stabilität und Perspektive.
Zukunft und Innovation sind Schlagwörter, die in keiner Talk-Show fehlen dürfen. Was bedeuten sie konkret für Sie?
Innovation ist ein, wenn nicht sogar der entscheidende Wettbewerbsfaktor für deutsche Unternehmen. Aber technologische Neuerungen entstehen nicht von allein – sie brauchen die richtigen Rahmenbedingungen. Das fängt bei der Bildung an. Unsere Schulen und Universitäten müssen stärker auf Themen wie Digitalisierung, KI und Nachhaltigkeit ausgerichtet sein. Gleichzeitig sollten wir uns fragen, ob Fördermittel sinnvoll eingesetzt werden. Ich habe oft das Gefühl, dass in „Hype“-Projekte investiert wird, während bestehende Stärken in den Regionen vernachlässigt werden.
Zum Beispiel?
Nehmen wir die Gründerzentren. Es ist natürlich wichtig, Innovationen zu fördern. Aber wir sehen oft, dass Regionen um jeden Preis ein eigenes Zentrum aufbauen wollen – selbst wenn es dort keine kritische Masse an Unternehmen oder Fachkräften gibt. Stattdessen könnten wir vorhandene Netzwerke und Stärken ausbauen. Das spart Ressourcen und erhöht die Effektivität.