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ampere 2.2024
Beste Praxis
Erbe Elektromedizin ist nicht nur im Bereich der Medizintechnik führend – mit der größten Einzelinvestition in seiner Geschichte setzt das Familienunternehmen auch bei der Nachhaltigkeit Maßstäbe.
Innovative Produkte haben beim Medizintechnikunternehmen Erbe Elektromedizin eine lange Tradition. Seit 1851 stellt der Familienbetrieb mit Hauptsitz in Tübingen Produkte her, mit denen sich beispielsweise Gewebe trennen und Blutungen stillen lassen. Den Anfang machte Christian Heinrich Erbe, der Mitte des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit dem Chirurgen Victor von Bruns neue Instrumente für die Galvanokaustik entwickelte. Sie bringen einen Platindraht durch elektrischen Strom zum Glühen und trennen damit statt eines Skalpells menschliches Gewebe. „Die Instrumente meines Ururgroßvaters waren noch batteriebetriebene Einzelstücke“, berichtet Christian O. Erbe, der das Unternehmen in der fünften Generation als Geschäftsführer leitet. „Heute stehen Geräte für die Elektrochirurgie weltweit in jedem Operationssaal, weil man mit ihnen Blutungen sehr gut stillen und so das Leben von Patienten retten kann.“
Die Erbe-Produkte haben sich in den vergangenen 173 Jahren ständig weiterentwickelt, angetrieben durch den Einzug von Halbleiter-Bauelementen, Computern sowie – ganz aktuell – der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens. Heute bietet das Unternehmen mit weltweit rund 2.000 Mitarbeitenden Komplettlösungen an, die verschiedene Technologien in einem Produkt vereinen – neben der Elektrochirurgie auch Instrumente für das Operieren mit Plasmen (Plasmachirurgie), extremer Kälte (Kryochirurgie) und Wasserstrahlen (Hydrochirurgie). Sie kommen in Bereichen wie Gastroenterologie, Allgemeinchirurgie, Gynäkologie, Pneumologie sowie Urologie zum Einsatz und liefern den Chirurgen bei minimalinvasiven Eingriffen auch detaillierte Bilder aus dem Inneren ihrer Patienten.
Wegen des starken Wachstums in den vergangenen Jahren hat Erbe Elektromedizin 2017 mit den Planungen für ein neues Produktions- und Entwicklungsgebäude in Rangendingen südlich von Tübingen begonnen. Die mit 90 Millionen Euro größte Einzelinvestition der Unternehmensgeschichte vereint Produktentwicklung, Betriebsmittelbau, Produktion und Logistik auf rund 25.000 Quadratmetern Fläche – und enthält einen Reinraum. „Im Gegensatz zu den Chipherstellern geht es bei uns aber nicht um Staubpartikel, sondern um Bakterien, Viren und Pilze“, sagt Erbe. „Wir brauchen in der Produktion eine einheitliche Belastung mit Keimen, damit wir die Dosierung der Medien zur Sterilisation unserer Instrumente bestimmen können.“
Von Beginn an stand bei dem Neubauprojekt ein Thema ganz oben auf der Prioritätenliste: Nachhaltigkeit. „Wir wollten den Energieverbrauch beim Bau, aber auch während des späteren Betriebs so klein wie möglich halten“, erklärt Erbe. „Eine reine Holzkonstruktion war leider nicht möglich, weil wir uns in einem Erdbebengebiet der Stufe 3 befinden. Darum mussten wir das Innengerüst des neuen Gebäudes in Betonbauweise errichten. Für die Fassaden und in den Innenräumen haben wir aber konsequent Holz als Hauptmaterial genutzt.“ Auch die Optik des im Mai eröffneten Neubaus greift das Thema auf: Weil es in einer waldreichen Gegend steht, wurde das Gebäude wie ein liegender Baumstamm mit Rinde und Schnittfläche gestaltet.
Auf dem Dach ist eine der größten Photovoltaikanlagen der Region installiert: 2.800 Module mit einer Leistung von einem Megawatt produzieren jährlich 610.000 Kilowattstunden Strom und liefern so ein Drittel der Energie für den Betrieb. Den Rest steuert ein Blockheizkraftwerk bei, das mit CO₂-neutralem Biogas betrieben wird. „Wir sind dadurch beim Primärenergieverbrauch auf dem Niveau eines KfW-Effizienzhauses 40. Das bedeutet, dass unser Neubau nur 40 Prozent der Energie benötigt wie ein herkömmliches Gebäude gleicher Größe“, sagt Erbe. „Mir ist in ganz Deutschland kein anderes Industriegebäude bekannt, das diesen Standard erreicht. Darum erhalten wir auch immer wieder Anfragen für Besichtigungen – es ist uns also gelungen, ein Zeichen zu setzen. Denn wir wollten von Anfang an, dass unser Ansatz Nachahmer findet.“
Text Christian Buck Fotos Erbe Group
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2.2024 am 14. Oktober 2024 erschienen.
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Mit dem Magazin der Elektro- und Digitalindustrie ampere, das zwei Mal im Jahr erscheint, schaut der Verband über den Tellerrand der Branche hinaus.
Jede Ausgabe von ampere setzt sich kontrovers und informativ mit Themenschwerpunkten der Elektroindustrie auseinander, die aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden. Der Verband will mit dem Magazin den Dialog mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft stärken.